The National

FIRST TWO PAGES OF FRANKENSTEIN

4AD/Beggars/Indigo (VÖ: 28.4.)

So kontemplativ wie groß: Die Indie-Rock-Institution spielt Lieder wie ausgestreckte Hände.

The National tanzen seit Jahr und Tag zu zwei verschiedenen Beats. Einmal ist das Bedürfnis erkennbar, große Songs, große Melodien zu schreiben; eine Kunst zu entwickeln, in der die großen Fragen des Lebens vielleicht nicht beantwortet, immer aber gestellt werden. Am ehesten erinnert dieser Approach an die mittleren R.E.M. Gleichzeitig wissen Matt Berninger und seine Kollegen um die Langweile, die bei derlei Pathos hinter jeder Tür lauert, weshalb sie ihrer Kunst zahlreiche Haken beifügen: Zuletzt, auf I AM EASY TO FIND, war der am deutlichsten erkennbare die Inklusion zahlreicher Gastsängerinnen.

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Man konnte das als Hinweis darauf lesen, dass The National an der Auflösung des Konstrukts Rockband als männlich dominierte Gang arbeiten, aber auch darauf, dass sie einfach Lust auf Kooperation und Austausch haben. FIRST TWO PAGES OF FRANKENSTEIN geht hier wieder einen Schritt zurück. Zwar hören wir Gäste – aber sie dienen den jeweiligen Songs eher, als dass sie ihren Charakter verändern: Sufjan Stevens haucht der kontemplativ-gedämpften Klavier- und Streicherballade „Once Upon A Poolside“ einen zweiten Raum hinzu, in dem es klerikal hallt.

Eine rundum schöne Platte

Phoebe Bridgers hält sich auf „This Isn’t Helping“ ebenfalls im Hintergrund; lediglich bei Taylor Swift hat man den Eindruck, dass die fruchtbare Zusammenarbeit der vergangenen Jahre zu etwas mehr Platz führt: „The Alcott“ hätte sich mit seinen moosigen Beats und den augenzwinkernden Aphorismen auch auf Swifts FOLKLORE oder EVERMORE gut gemacht. Aber, und das ist ein wichtiges Aber: Dass die prominenten Gäste hier nicht breitbeinig durchpreschen, tut dem Album unglaublich gut.

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FIRST TWO PAGES OF FRANKENSTEIN ist eine Meisterstück der Balance und bevorratet einige der besten The-National-Songs überhaupt. „New Order T-Shirt“, gleichzeitig nervös und völlig in sich ruhend eine offenbar vergangene Zwischenmenschlichkeit bilanzierend, „Ice Machines“ mit seinen Selbstzweifeln oder das abschließende „Send For Me“: ein Lied wie eine ausgestreckte Hand, der mit ziemlicher Sicherheit eine Umarmung folgen wird. Eine rundum schöne Platte.

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