The Prodigy :: The Fat Of The Land

Dieses Album wird groß. Gewaltig. Gigantisch. Atemberaubend. Nichts wird mehr so sein, wie es einmal war. Bis dato gültige Maßstäbe werden nicht mehr greifen. Die Musikgeschichte wird in weiten Teilen umgeschrieben werden müssen. Eine neue Zeitrechung wird beginnen. Die Sonne wird sich um die Erde drehen. Das stand schon fest, als noch kein Mensch auch nur einen Ton vom neuen Prodigy-Aibum gehört hatte. Kein anderes Opus der jüngeren Vergangenheit hat bereits im Vorfeld solche Erwartungen geweckt, Spekulationen geschürt, Hoffnungen genährt. Das Heilmittel für den dahinsiechenden Patienten „Rock“ sollte es werden. Der Silberstreif am Horizont. Das fünfte Element. Jetzt ist es da. Es ist groß. Gewaltig groß. Keine Frage. Daß es nicht halten kann, was uns die HypeMaschinerie vorgegaukelt hat, darüber muß man nicht lange diskutieren. Zu hoch war wohl auch die Meßlatte, die Mastermind Liam Howlett mit „Firestarter“ und „Breathe“ legte. Zu lange hat es gedauert, bis THE FAT OF THE LAND endlich fertig wurde. Und – diese ketzerische Anmerkung sei an dieser Stelle gestattet – es wird unterm Strich ein bißchen wenig geboten. Zum einen quantitativ (nur acht neue Stücke), zum anderen qualitativ: „Smack My Bitch Up“ z. B. ist eine kalkulierte Kopie von „Breathe“, „Serial Thrilla“ erinnert fast schon an die unseligen Bodycount. Songs wie „Funky Shit“ oder „Fuel My Fire“ gleichen hingegen Hollywood-Hämmern wie“lndependence Day“, „Con Air“ oder „The Lost World“. Höher, schneller, weiter. Effektheischend ohne Ende. Reizüberflutung statt Substanz. Noch tiefere Bässe, noch fiesere Samples, noch plakativere Texte. Prodigy kennen kaum Nuancen. Für sie gibt es nur Vollgas. Immer. Das Ergebnis allerdings macht Spaß. Dementsprechend wird die Platte in diesem Sommer aus den Cabrios, Eisdielen und Freibädern dieser Welt dröhnen. Howlett hat das Seine dazu getan. Die Beats wuchten dich an die Wand, beschleunigen den Herzschlag, lassen das Adrenalin rauschen. Wie beim Achterbahnfahren. Ein kurzer, heftiger Flash. Der Kick für den Augenblick. Neun Minuten und fünf Sekunden lang halten Prodigy schließlich das Versprechen, das sie mit „Breathe“ gegeben haben und weisen wirklich der Rockmusik den Weg in die Zukunft. So lange nämlich dauert „Narayan“, der stärkste Song auf THE FAT OF THE LAND. Zu subtil verschachtelten Beats und perfekt inszenierten, scheinbar schwerelosen Soundschleifen wiederholt Gastsänger Crispian Mills (Kula Shaker) mantragleich seine kryptischen Texte, die aufs feinste mit verfremdeten Gitarren(samples) korrespondieren. Ihren Platz im großen Buch der Popkultur haben Prodigy sich mit diesem Album endgültig gesichert: Gleich neben Super Mario, Red Bull und Dennis Rodman.