The Rolling Stones :: Grrr!

Universal

Das unvermeidliche Best-of zum 50. Geburtstag der „größten Rock’n’Roll-Band der Welt“.

Dass sich Universal diese Gelegenheit nicht entgehen lassen würde, war so sicher wie „Start Me Up“ in der Setlist eines Rolling-Stones-Konzerts. Natürlich muss sich das 50-jährige Bandjubiläum der Londoner in Form eines weiteren Sammelwerks zu Geld machen lassen. Auch wenn es in diesem Fall besonders abwegig erscheint – hat die Band doch seit ihrem Best-of zum 40., Forty Licks, gerade mal ein Studioalbum veröffentlicht. Dieses, A Bigger Bang, ist auf der 40 Lieder umfassenden Standardversion von Grrr! auch nur mit einem Stück vertreten, der Leadsingle „Streets Of Love“. Ansonsten wirkt diese Edition wie eine willkürliche Variation von Forty Licks: „She’s A Rainbow“ raus, „As Tears Go By“ rein, kein „Mother’s Little Helper“, dafür aber „Don’t Stop“. Ja, „Don’t Stop“, einer der neuen Songs auf Forty Licks, ein weiterer Durchschnittsrocksong übers Bumsen. Auch die 50 Songs starke Ausgabe von Grrr! weist schmerzhafte Lücken auf: kein „Out Of Time“, kein „Play With Fire“ – allerdings „Highwire“, die Single aus dem ’91er-Livealbum Flashpoint. Gut, die ist mit kritischen Äußerungen zum Zweiten Golfkrieg einer von wenigen politischen Songs der Band, man wollte halt alle Facetten des Stones’schen Schaffens abdecken. Dadurch kommen auch selten auf Samplern vertretene Schätze wie die erste Single der Band überhaupt, „Come On“, „Rocks Off“ und „Doo Doo Doo Doo Doo (Heartbreaker)“ zu Ehren. Da beide bisher erwähnten Versionen des Albums letztlich aber zu eindeutig hinter ihren Möglichkeiten zurückbleiben, muss wohl das „Super Deluxe“-Set mit 80 Songs empfohlen werden – in der Hoffnung, dass der Leser einen Geldscheißer hat. Wer eine möglichst fantastische, alle Labelphasen abdeckende Werkschau der Stones wünscht, der kommt an dieser Inkarnation von Grrr! nicht vorbei – wohl wissendlich wird Forty Licks seit Jahren nicht nachgepresst. Die XL-Version von Grrr! führt zwar einige verzichtbare Singles aus der zweiten Karrierehälfte der Stones auf, deckt aber immerhin alle essenziellen Songs der ersten Halbzeit ab. Da ist dann neben den auf den abgespeckten Fassungen ausgesparten Klassikern auch Platz für vernachlässigte Schlüsselsongs wie „Child Of The Moon“. Von den üblichen Verdächtigen muss man nicht groß sprechen: „Paint It Black“, „Ruby Tuesday“, „Gimme Shelter“ – allein sie würden die hohe Wertung ermöglichen. Allen Fassungen gemein ist ein bizarres Gemälde des auf Motiven aus Flora und Fauna spezialisierten New Yorker Künstlers Walton Ford: ein Mash-up aus Bandlogo und Gorilla – der unmöglich „Grrr!“ sagen kann, wenn er so die Zunge herausstreckt. Eher so was wie „Ähhh…“, passenderweise, denn das dürfte auch die häufigste Spontanreaktion auf dieses Artwork sein.

Marlena Shaw

Who Is This Bitch, Anyway?