The Skids – Joy
Die Skids 1982, das sind zunächst einmal legislative und exekutive Gewalt, denn JOY ist eher als Alleingang von Richard Jobson einzustufen, denn als Gemeinschaftsproduktion. Verschwunden sind die übereinandergetürmten, klotzigen und verschachtelten Songs von THE ABSOLUTE GAME, geblieben sind Jobsons Hang zu herzerweichendem Pathos, Pomp und Perfektion. Auf JOY domniert all das, was seine – zugegebenermaßen unterhaltsamen – Cabaret Futura-Dichterlesungen auszeichnete, die ihn ja auch zu einer vorübergehenden Auflösung der Skids veranlaßten. Jobson, Pragmatiker, Katholik und Hobby-Historiker übt sich in Vergangenheitsbewaltigung, sammelt Erfahrung im schottischen, oder eher keltischen Kultur-Erbe. Und das kommt manchmal einem Kniefall vor dem Knegshelden-Pantheon gleich. Er entdeckt Worksongs, Ethos und Moralkodex der schottischen Plebejer um die Jahrhundertwende, Glanz und Glona, Ruhm und Leid, Tragödien und Schicksalsschläge. Der nachstehende Passus aus einem von Jobson vertonten Enc Bogle-Gedicht ist eigentlich symtomatisch für den Tenor seiner Moritate: „And when our ship pulled into Circular Quay/ and I looked on the place where my legs used to be/ I thank christ there was nobody waiting for me/ to grieve and to mourn and to pity …“ Der himmelschreiende Fatalismus solcher Verse, die Art und Weise wie Jobson mit Annteilnahme und Erhabenheit in dem Song förmlich versinkt sind abschreckend und anziehend zugleich. Immer scharf an der Grenze zum monumentalen Kitsch entlangschliddernd, wird auf JOY unter dem Mantel einer trügerischen Verklärtheit drauflos philosophiert und orakelt, daß sich die Balken biegen. Heroisch, nostalgisch, romantisch, weltvergessen, in heillose Melodramatik getaucht und mit folkloristischen Arrangements kredenzt, haben manche Songs nicht mehr Gebrauchswert, als die akustischen Epen von herumstromernden Barden, die sich jener glorreichen Tage erinnern, als mit Heldenmut und Standesehre noch manche Schlacht zu gewinnen war. JOY fehlt die Distanz zur Materie, Jobson ertrinkt in Sentimentalität und Mitgefühl und vor allem in dem Versuch, einen plastischen und seriösen Ausdruck zu finden. Daß er weiterhin ein phantastischer Sänger bleibt, daß ich weiterhin zu seinem monolithischen und überkandidelten Bombast-Pop stehen werde – dafür bürgen Titel wie „Blood And Soil“, „Brothers“ und „Fields“. Aber gegen den Poeten Richard Jobson hege ich einstweilen tiefsitzende Ressentiments. Er sollte sich Gedichte, Traditionals und Ahnenforschung in Zukunft für seine Sole-Werke aufsparen.
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