Tinariwen :: Tassili

V2/Coop/Universal

Skelettierte Version des Desert Blues mit Gucklöchern in den angloamerikanischen Raum.

Sicher, das Modell ist nicht neu. Seit Damon Albarn, Wortführer des Indie-Rock, den Afroblues mit lokalen Musikern erforscht, betreiben britische und amerikanische Bands auch eine Art Selbstsuche in der Zusammenarbeit mit Ensembles aus dem afrikanischen Rock-Gürtel. Zuletzt nachzuhören auf den Alben von Tamikrest (Mali) und der Owiny Sigoma Band (Kenia). Die Band Tinariwen besaß bislang ein Alleinstellungsmerkmal: die Musiker sind ehemalige Tuareg-Kämpfer aus den Wüsten im Norden Malis, ihr Name verweist auf diesen „leeren Ort“ und ihre Songs handelten ganz dezidiert vom Leben in Militärcamps, von Mensch und Wüstenei, vom Wunsch nach Freiheit. Eine stolze Regionalmusik, die in tranceartigen Schleifen auf den ersten Blues rekurrierte. Daran hat sich auch auf der Songsammlung Tassili nichts grundlegend geändert, die Band hat ihren Desert Blues aber inzwischen bis aufs Skelett reduziert, klarer, direkter, schöner klang das noch nie. Das ist die eine Seite dieser Platte, die andere erzählt von neuen Möglichkeiten, vom Ertasten neuer Zusammenhänge, die rauen Songs laufen aber nie Gefahr, in der Zusammenarbeit von Tinariwen mit Tunde Adebimpe und Kyp Malone von TV On The Radio und Wilco-Gitarrist Nels Cline ihr Gesicht zu verlieren – ihren Standpunkt. Lediglich die sich ins Freejazzige drehenden Bläsersätze in „Ya Messinagh“ katapultieren die Musik ein Stück weit in unbekanntes Terrain, der Dirty Dozen Brass Band sei Dank. Tinariwens Desert Blues hat ein paar Gucklöcher in den angloamerikanischen Raum geöffnet, eben dorthin, wo sie für ihre Konzerte, für ihre Geschichte so gefeiert werden.

Key Tracks: „Imidiwan Ma Tenam“, „Asuf D Alwa“, „Ya Messinagh“