Tocotronic – Tocotronic
Volle Gönnung!
Die Rückkehr des Bedeutsamen mit einem wachen, beweglichen Album.
Kosmisches Sirren. Vocoderstimmen, Modulation: „This boy is Tocotronic„. Tocotronic, nicht Styx! Endlich sind die drei hanseatischen Fragezeichen bei dem Sound angekommen, der am besten zum Namen Tocotronic passt. Für den ersten Moment der neuen, sechsten Platte wenigstens. Aber auch der Rest der Eröffnung ist mindestens ein Riesenhit mit offensivem Bass zu strengem Schrammeln nahe an den mittleren Blumfeld (wie auch das hypnotische „Hier ist der Beweis“), einem Flying-V-Gitarre-auf-den-Knien-Solo im Kern und Progrock-Wen-, düngen im Auslauf. Wohlwollend darf festgestellt werden, dass diese Band auf dem Weg vom Altklugen zum Aufgeklärten nicht noch schluffiger geworden ist. K.O.O.K. war Monument, bedurfte ganzer Breite, keine Frage. Aber in Stein gemeißelt ist eben schlecht bewegen. Also hin zu Prefab Sprout und Microdisney zum Beispiel wie im leicht kauzigen „Dringlichkeit besteht immer“ und dem noch optimistischer swingenden, in seiner bandwurmhaft formulierten Zuversichtlichkeit jedoch rätselhaften immergrün mit dem Titel „Hi Freaks“. Die elegischen Schwerenöter „Führe mich sanft“- und „Free Hospital“ sind umso greifbarer in ihrem Streben nach Ruhe und Stütze – überhaupt ganz groß, vielleicht weil angreifbarer. An anderer Stelle verzetteln sich Tocotronic ein wenig in launig umherstreifenden Melodien in launischen Gitarrenarbeiten, wie das vorher schon Pavement zur Meisterschaft führten. Art, Rock, Post, Glam, Progressive und mehr; TOCOTRONIC strotzt vor Referenzen und unvereinbaren Gegensätzen. Es gibt haltlose Soli, spinnerte Bleeps, dünne Synthies, allerlei Gedaddel und doch ist alles aus einem Guss. Man darf hoffen, dass Tocotronic diesen Reichtum live nicht leichtfertig über Bord werfen, aber auch, dass Dirk von Lowtzow in seinem eitlen Wahn, seine textliche Auslegware bis hin zur universellen Gültigkeit immer weiter auswalzen zu müssen, sich nicht eines Tages rettungslos in Metaphern versteigt. Ansonsten gilt für dieses Album aber: -Volle Gönnung!“
www.tocotronic.de
www.lado.de