Travis :: München, Colosseum

Das letzte Mal. als Travis hier im Colosseum spielten, erinnert Fran Healy sich und sein Publikum, war mit der Rolling Stone Roadshow, das sei auch schon wieder fast zwei Jahre her. Nach Ben Folds Five spielten sie damals und brauchten einen halben Set, um die Leute für sich zu gewinnen. Die heutige Vorband Turin Brakes hat zwar auch einen tollen Vorbau geliefert, aber die Show stiehlt Travis 2001 niemand mehr. Allein ihretwegen kommen die Leute heute, und zwar in beinahe obszönen Mengen. Travis sind die erfolgreichste – flüstern bitte – Softrock-Band ihrer Zeit und als solche ein Geschenk des Himmels, andere Generationen mussten sich da mit Chris Rea abfinden. Sie sind die Konsensband, die man mögen darf, mögen muss, Teenie, Bankangestellter und Hipster erfreuen sich einhellig an den Songs von Schmelzmeister par excellence Healy. Der ist auch heute Abend ganz der knuddelige Allround-Sym- und Empath, dem man seine fast kindliche Freude abnimmt, wenn erden enthemmten Fans sagt, diese seien „die beste Crowd seit einer langen Zeit“. Als er am Bühnenrand steht, während sie die letzten Zeilen von „Why Does It Always Rain On Me“ übernehmen, wirkt er wie ein gerührter Onkel, dem ein Ständchen gesungen wird. Die putiige Frisurflosse als Markenzeichen auf dem Kopf, sagt Healy in putzigem Schottisch putzige Sachen wie „Den nächsten Song widmen wir allen, die schon mal tief Liebe empfunden haben“ und spielt dann eben diese schmelzend-melancholischen Lieder ,“Writing To Reach You“, „As You Are“, „Pipe Dreams“,denen man schlicht nichts Böses wollen kann. Healy erzählt, wie er letztens den „amazing guy“ Bono getroffen hat – im „Humpty Dumpty Love Song“ nähert sich Healy seinem neuen Freund dann stimmlich schon bedenklich an. Und wie U2 scheint es auch Travis ein Anliegen zu sein, schon auch als Rocker rezipiert zu werden: Nachdem Gitarrist Andy Dunlop während des weitgehend weichtönenden Hauptsets schon mit den Füßen gescharrt hat, darf im Zugaben-Block endlich die Kuh fliegen: Mit dem Bowie-Cover „All The Young Dudes“, „All I Want To Do Is Rock“, „Happy“ und – nahtlos angehängt und in naturgetreuem AC/DC-Mode-„Back In Black“ (Single-B-Seite in Sicht?): Healy kreischt wie ein angestochenes Schwein, Dunlop sitzt Gitarre hauend auf den Schultern seines Roadies, die Hütte wackelt ernsthaft. Ein schönes Weihnachtsfest wünscht Healy dann noch, und man solle doch in der nächsten Zeit jeden Tag einmal an den Frieden denken, das helfe. Fran Healy: Die freundlichste Rocksau der Welt. www.travisonline.com