U2 :: No Line On The Horizon
Der Teufel Statussicherung
Was lange währt, wird doch noch solide: Die irischen Rock-Granden riskieren was, können letztendlich aber nicht aus ihrer Haut.
Berlin, Hansa-Studios. Eine der berüchtigten „Listening-Sessions“ in Gegenwart des Managements, der Plattenfirma und von Medienvertretern. Die einzige Gelegenheit, das neue Album der Iren wenigstens ein Mal vorab zu hören. Es ist, als seien die Geister der Vergangenheit wieder am Leben. Schnell fühlt man sich an die Sessions mit Eno/Lanois am gleichen Ort erinnert, die zu ACHTUNG BABY führten. Der erdige 80er-Charakter der letzten beiden U2-Alben ist noch vorhanden, gleichzeitig lebt der Hang zu flankierender Soundspielerei an allen Ecken und Enden wieder auf. „Restart andre-bootyourself, you’re free to go“, heißt es in „Unknown Caller“. Doch die Erneuerung dringt nicht bis in die Grundfesten vor. Manchmal staunt man über einen robusten Einstieg, elektronische Zuckungen oder den unvermeidlichen arabischen Ethno-Touch, den ein Track mit dem Namen „Fez – Being Born“ natürlich enthalten muss. Bald geht dann aber wieder Edge mit seinen charakteristischen Klingelriffs dazwischen und heult Bono etwas zu aufdringlich ms Rund. Der Song wird folglich zu dem, was man sich unter einem typischen U2-Moment vorstellt. Einzige Ausnahme ist „Get On Your Boots“, wo der Einfluss der leider gekippten Sessions mit Rick Rubin durchtönt. Der Einstieg ist forsch, der Beat geht phasenweise in Richtung HipHop, Gitarre und Bass klingen vernebelt wie bei der Wüstenclique um Chris Goss und Josh Homme. Der angekündigte Led-Zeppelin-Einfluss ist in „Stand Up Comedy“ zu erkennen. Die Zurückhaltung in „White As Snow“, von Western-Klängen hübsch begleitet, tut zwischendurch ganz gut. Diese Ausschnitte zeigen, dass die Revolution im Hause U2 ganz klar möglich war. Aber der Teufel namens Statussicherung hat deren Vollendung letztendlich verhindert. Seltsam. Können diese Leute denn überhaupt noch verlieren?
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