Udo Lindenberg – Sündenknall

Lindenberg ist, unbestritten, ein deutsches Phänomen. Nachdem er jahrelang (ohne Schaden zu nehmen) bereits Selbstplagiate unters Volk streuen ließ, gab er sich 82 selbst die KEULE. Jedermann glaubte, jetzt habe sich Deutschlands alternder, ungekrönter Rock’n’Roll-König selbst ins Abseits manövriert. Man stellte sich schon darauf ein, dem Manne auch weiterhin jovial auf die Schulter zu klopfen für seine, wiederum unbestritten, großen, emanzipatonschen Verdienste im Dienste der deutschen Pop-Sprache. Aber ansonsten: ab auf’s Altenteil.

Aber dann rappelte sich Uns Udo, der Jüngere, mit neuem Plattenvertrag wieder hoch und erlebte eine atemberaubende Renaissance als musikalischer Sozialarbeiter, Kumpel, Möchtegernfriedensstifter, Diplomat, Freizeitpolitiker. So liebt die Nation ihren Lindi. Und so füllt er auch wieder die Kapazitäten der stolzesten Hallen.

Zum SUNDENKNALL. Produziert von Dave King, in Berlin (mit PVC-Gitarrist Jim Voxx) und Hamburg (mit Karl „Brutal“ Allaut), präsentiert sich der Panikmacher einmal mehr als Schnodderschnauze in ständig wechselndem Soundgewand. Wie schon von den letzten Werken gewohnt, pendelt Udo hin und her zwischen Heavy Metal und Funk, Hip Hop und Jazz, Elektronik und Drehleiermusik. Alles schön, sauber, manchmal sogar clean, letztlich na ja, eher uninteressant.

Und was bietet „Deutschlands größtes Sex-Idol neben Helmut Kohl“ (Selbsteinschätzung) Neues an Messages? Wenig! Er bewegt sich zwischen „Samenbank“ und „Datenbank“, skizziert eine „Bananenrepublik“ und dokumentiert Umwelt- und Tagespolitik in „Smog-Rock“. Neben ein paar wenigen, gelungenen Wortspielchen („Erschöpfung der Erde“) kalauert sich „Lindi“ mit seinem quälend-nölendem Gesang durch Gags und Witzchen wie „Die Banane ist krum. ist doch klar, denn wenn sie gerade war‘, war‘ sie keine Banane mehr“.

propagiert einmal mehr die „Reimdich-oder-ich-fress-dich“-Technik („Villa, Killa. Thnlla“) und läßt Comic-Sprechblasen („ratter-ratter, datter-datter, knatter-knatter“) aufsteigen.

Darüber hinaus erleben wir den „Göttlichen“ als Schüttler im Auftrag der Datenbank, wo er ein Sperma-Sperrkonto unterhält („Eierlikör im Panzerschrank“); In „Helmut Owiewohl“ erfahren wir die schweißtreibenden Träume des Udo L. im Clinch mit dem Bundes-Helmut, der zwar einen Tangaslip, aber keinen BH (!) trägt (?!??) – und dessen fruchtiger Kuß, man ahnt es, nach Birne schmeckt.

Damit nicht der Eindruck entsteht, der SÜNDENKNALL bringe absolut keine Aha-Erlebnisse, zum Abschluß noch die Zeilen (aus „Frau Lindi‘), die mir geradezu aus dem Herzen sprechen: „Und wenn ich meine anderen Frauen nach Hause bring‘, was sagt sie dann? Geil, ich gewinn‘ neue Freundinnen, ich verlier‘ doch keinen Mann…“