Und jetzt: die Singles

Blur und Britpop in einen Topf zu werfen, verbietet fast der Anstand. Erstens ist Damon Albarn viel sexier als seine Kollegen von Oasis oder The Verve. Ja, und zweitens machen Blur einfach die sexiere Musik. Und sexy Musik, wie man weiß, läßt sich sexy remixen. Wovon die neue Blur-Single „Death Of A Party“ (Parlophone/Spin/EMI) drei Lieder singen kann. Die ohnehin schon Depeche Modemäßig anmutende „Album Version“ wird im „7-Inch Remix“ von Adrian Sherwood durch Überbetonung der Vocals noch eine Spur“depechemodiger“. Der „Well Blurred Remix“-auch von Adrian Sherwood – lockt mit dezenten Dub-Elementen, während der „Billy Whiskers Mix“ (von William Orbit) mit allerlei verrückten Sound-Spielereien angereichert ist. 5 Sterne

Sound-Spielereien sind genau das Metier, mit dem Dave Hill (Ballistic Brothers) und Mark Broom ihr Geld verdienen. Manchmal tun sie das unter dem Namen Midnight Funk Association, wie etwa hier, auf der streng limitierten und nur auf Vinyl erhältlichen „Byte The Bullet EP“(Domino/Rough Trade). Daß deren vier Tracks irgendwo zwischen atmosphärischem TripHop und Funky Shit angelegt sind, versteht sich von selbst. Was die Tone – zwischen jazzy-relaxt und manischkraftvoll – so einzigartig macht, sind unerwartete Sound-Konstrukte, jazzige Mini-Samples und gewagte Rhythmus-Wechsel. 4 Sterne

Gewagt auch diese These: Geschichte wiederholt sich doch. Meinen zumindest die Propellerheads Featuring Miss Shirley Bassey auf ihrer Single „History Repeating“ (Wall Of Sound/PIAS/RoughTrade). Miss Shirley Bassey ist zweifelsohne ein Stück Musikgeschichte. Und ihr unnachahmlicher, großer Gesang ist es, der dem jazzytrippy-swingy Song von Alex Gifford und Will White die Krone aufsetzt Der „Ankle Length Mix“ transponiert das Ganze in die Welt von Drum ’n‘ Bass, und der „Hip Length Mix“ ist sowas wie ein zärtliches Nachspiel zum Vorgenannten. 6 Sterne

Doch jetzt genug der kalten Elektronik. Kommen wir zum Echten. Schönen. Wahren: Lullaby For The Working Class aus Lincoln/Nebraska frönen seit 1994 der un-ekelhaften Variante neuzeitlicher amerikanischer Volksmusik. Ihr „Hypnotist“ (Ryko/Rough Trade) erfreut den Käufer mit dem Titelsong vom jüngsten Album I NEVER EVEN ASKED FOR A LIGHT und drei unveröffentlichten Stücken: der wunderschönen Ballade „Broken Hearted Wine“, dem etwas unausgegorenen „Potatoes & Asparagus“ sowie dem Live-Track „The Wounded Spider“, einem Stück, das dank Banjo und Fiedel den Hauch des Traditionellen versprüht. Einfach schön. 4 Sterne

Letzteres zu sein, kann auch der relaxt-meditative Post-Rock von Run On für sich reklamieren. „Sit Down“ (Matador/Rough Trade) featured den nach Can und Yo La Tengo klingenden Album-Track „Owe You“ sowie drei Alternativ-/Live-Versionen, die alles zeigen, was Rick Brown und seine Kollegen können: Experimentelles, Waviges und LoFi-Geschrammel. 4 Sterne

Zum Schluß ein Blick in die Heimat: Blinker die ehemaligen Unemployed Ministers, aus Augsburg beklagen sich im putzig-fiepsigen Indie-Schrammel-Rock-Idiom über „Too Many DJs“ (Raw/WEA). Andi Thoma von Mouse On Mars macht auf Seite 2 im „Tomato Mix“ genau die Musik, die auf der anderen Seite verurteilt wird. Wobei wir dann doch wieder bei diesen kalten Klängen aus dem Computer wären. Bähh!. 3 Sterne