Winson – So sah die Zukunft aus

Über die Neue Deutsche Welle lässt sich prima streiten. Dem Hurra-Geschrei unzähliger Menschen zum Trotz gibt es nämlich auch Gegner, die sagen-. Die Neue Deutsche Welle war nichts weiter als musikalisches Kasperltheater. Der Streit ums Original hält an und wird wohl auf ewig weiterbrennen. Der Streit ums Erbe der NDW dagegen sollte längst entschieden sein – durch Bands wie Mia und Alt-NDWler Joachim Witt: Deren popkulturelles „Wir sind wieder wer“ legt nämlich nahe, worin die Gefahr des Rückgriffs auf NDW heute liegen kann: in romantisch verbrämter Deutschtümelei und völkischem Denken. Was das mit Winson zu tun hat? Ebenso viel wie mit Wir sind Helden und einem Großteil der heimischen Musikszene. Denn fast alle greifen sie irgendwie aufs Erbe der deutschen Achtziger zurück. Zum Glück surft Winson nur musikalisch auf der neu aufgebrandeten Welle mit. Der Wahl-Kreuzberger macht sich zunutze, was seinen halb ernsten Texten am besten zu Gesicht steht: Er verquirlt das Verspielte, Alberne, Lachhafte der NDW mit zeitgenössischem Elektrogefiepse und modernen Schrammelgitarren. Darüber legt Winson dann Texte, so flapsig, kindlich und mitunter schwachsinnig, wie es dieser Tage eben angesagt ist. In Anlehnung an den Kinderreim um den Struwwelpeter etwa reflektiert er auf Berlinerisch darüber, wie der Peter „seinen Pinunzen vadiehn tut, wa?“ Das ist unterhaltsam, wenn auch nicht so witzig wie die Ergüsse des Hamburgers Olli Schulz. Dennoch hat Winson vielen Kollegen eins voraus: Er bleibt da. wo er sich auskennt. Selbstironisch erzählt er von Großstadtleben, Liebeskummer und Befindlichkeiten. Von Politik – gottlob keine Spur.