Wohlklangdimensionen
Travis 12 Memories Epic/Sony Music Ein neuer Katechismus Von den Päpsten des Sing-Along-Pop.
Mit Bescheidenheit und Ehrlichkeit ist das so eine Sache. Schön, wenn man’s ist. Aber reichlich vermessen, wenn man ständig darauf hinweist. Travis sind es und weisen gerne darauf hin, was die Sache nicht eben einfacher macht. Was the man who nicht schaffte, gelang dann mit the invisibie band (2001): ehrliche und bescheidene Melodien für Millionen. Travis beiflen nicht. Travis wollen nur spielen. Und beinahe wollten sie nicht einmal das, nachdem nämlich vergangenes Jahr Drummer Neil Primrose einen allzu beherzten Sprung in den Hotel-Pool mit drei gebrochenen Halswirbeln bezahlte. Es drohte das Aus. Aber Primrose rekonvaleszierte, die Band erholte sich in ländlicher Abgeschiedenheit von Hype und Unfall. Und bei Familie, Rotwein, Scrabble und Lagerfeuer sind dann diese t2 memories entstanden. Und wenn nun Sänger Fran Healy offenherzig verkündet, die meisten Songs hätten sie im Schlafanzug komponiert, so kann das diesem Album merkwürdigerweise nichts anhaben. Es ist, mit Verlaub, einfach zu schön. Travis verzichten auf intellektuellen Dünkel, verzichten sogar auf verführerisch rockistisches Muskelspiel, sondern setzen nach wie vor auf ihr Händchen für entwaffnende Harmonien. Und die tragen mehr als jemals zuvor, weil ihnen diesmal nicht so viel Zucker beigemischt ist. 12 memories lässt sich in einem Rutsch durchhören, weghören lässt es sich diesmal nicht. Die Single „Quicksand“ ist hier nur einer von zwölf melodischen Höhepunkten, kein einsamer Gipfel wie noch“.Sing“ oder“.Side“ auf the invisible bano. Ein wenig bemüht wirkt höchstens die Antikriegshymne „The Beautiful Occupation“ mit ihrem protestierend treibendem Schlagzeug – alles andere ist doppelbödiger Wohlklang und gelassene Melancholie. Wie sehr diese Band gewachsen ist, beweist ihr Verzicht auf Nigel Godrich (Radiohead, Pavement, Beck). Nicht nur, dass man die Abwesenheit des Star-Produzenten nicht bemerkt – es tut dem Album vielleicht sogar gut, dass diesmal alles in den Händen der Gruppe blieb. Auf einmal nämlich scheint aües zu gehen, kann verhalten gegroovt, garstig an der Gitarre gekratzt und ohne Peinlichkeit über das Glück gesungen werden. Vorsichtige Experimente (winselnde Hunde, Elektrobeats) ordnen sich den alles dominierenden, durchaus berückenden Melodien unter. Wer auf seinem vierten Album ohne Einbußen oder Wiederholungen Songs wie „Love Will Come Through“ oder „Walking Down The Hill“ aus dem Ärmel schüttelt, dem kann man nicht einfach nur zustimmend auf die Schulter klopfen – vor dem muss man sich verbeugen.
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