Wynton Marsalis – From The Plantation To The Penitentiary
Seit 20 Jahren platzt Wynton Marsalis der steifgebügelte Kragen seines Maßhemdes. Schließlich ist in seinem Geburtsland die Black Community auch nach Martin Luther King und Malcolm X immer noch der Underdog. Um seinen Brüdern und Schwestern etwas Selbstbewusstsein einzuträufeln, setzt der längst im Establishment angekommene Trompeter konsequent auf Konservierung der afroamerikanischen Ur-Elemente des Jazz, auf Blues undGospel. Während in den BookletsseinerAlben regelmäßig der radikal verquaste Kultursoziologe Stanley Crouch fürden entsprechend theoretischen Bodensatz sorgt. Jetzt aber sind Marsalis und Crouch nicht nur erneut den Sklaven-Weg von den Baumwollfeldern in die Großstadtknäste und -gettos abgegangen. Nun haben sie gleich alles an den Pranger gestellt, wofür man die Faust recken kann: das Frauenbild in der Rap-Szene(„LoveAnd Broken Hearts“), das Schicksal der Obdachlosen („Find Me“) und natürlich den weltumspannenden Finanzstrom, der alles unter sich begräbt („Supercapitalism“). Sieben solcher engagierten Anklageschriften hat Marsalis verfasst und mit einem neu zusammengestellten Sextett eingespielt, aus dem die erst 21-jährige Sängerin Jennifer Sanon mit geradezusirenenhafter Intensität herausragt. So unterschriftenreif dieses Civil-Rights-Manifest ist, so hat Marsalis dafür mal wieder nicht dem Sound der Straße, sondern den heiligen Roots in zum Teil äußerst raffinierten Arrangements vertraut. Dem Swing und dem Charleston, dem New-Orleans-Groove und der knackigen Gospel-Predigt, bei der Marsalis höchstselbst der Zorn in die Stimme steigt. Auch wenn er irgendwann wirklich mal sein musikalisches ABC updaten sollte-von seinem schnörkellosen, kraft-und saftvollen Trompeten-Spiel sollte er aber auf jeden Fall die Finger lassen. Denn das besitzt einfach Klasse. >» www.wyntonmarsalis.net
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