Sanft scheppern, virtuos zitieren


Andere Menschen missionieren und zum musikalischen Nachsitzen auffordern zu wollen, ist ja immer besonders lahm und zu Recht verpönt. Die Menschen, das ist bekannt, hören (wenn sie können) sowieso nur das, was sie hören wollen, und somit auch das, was sie verdienen. So mögen folgende Zeilen also etwas übereifrig, abgenutzt und nach kritiklosem Protegieren einer ganz persönlichen Lieblingsband klingen.

Aber Moment mal: In diesem speziellen Fall handelt es sich ja wenigstens um die Wahrheit: Neben Dan Bejars absonderlicher Gruppe Destroyer sind Spoon aus Austin/Texas die beste unbekannte Band der Welt! Seit wann? Spätestens seit GIRLS CAN TELL, KILL THE MOONLIGHT und GIMME FICTION, ihren drei letzten, höchst raffinierten, ausgekochten und verdammt noch mal brillanten Platten, die Wire, Elvis Costello, Prince, die Kinks und Julian Cope zusammenbrachten und in jeder Sekunde so dringlich klangen, wie Popmusik eigentlich immer klingen müsste.

Britt Daniel textet und singt bei Spoon, er macht auch sonst fast alles, und mürbe hat ihn das unfreiwillige Nischendasein seiner Gruppe noch nicht gemacht: „In den Staaten läuft es sehr gut. Wir haben von GIMME FICTION so viel verkauft wie noch von keinem Album zuvor. In Europa war die Platte allerdings ein Flop. Was muss denn passieren, damit ein Song von uns mal ein richtiger Hit wird? Ich spiele gerne Konzerte in Europa, allerdings ist es manchmal ganz schön hart und mit Erfahrungen verbunden, auf die ich auch gut verzichten könnte: Man spielt vor weniger Menschen, verliert Geld und muss nach dem Konzert vielleicht noch beim Promoter auf der Couch schlafen. Aber eventuell ändert sich das alles ja mit dieser Platte.“

Britt Daniels berechtigter Kulturpessimismus und seine präzisen Zustandsbeschreibungen haben bereits in der Vergangenheit ganz absonderliche, gefährlich pochende Tracks wie „Small Stakes“ und „They Never Got You“ hervorgebracht. Unvergessen auch die Songtext-Reminiszenz an „Jonathan Fisk“, der Britt auf der High School die Zähne ausschlug, um sie jede Nacht zu Hause zu zählen. Nun gibt es ein neues Album, auf dem Daniel wieder so singt, als wäre er erkältet, Ga Ga Ga Ga Ga (benannt nach dem gleichlautenden Pianomotiv in „The Ghost Of You Lingers“)hat den Sex, den Funk und den Soul des weißen Mannes; das letzte Stück heißt nicht umsonst „Black Like Me“. Will sagen: Es ist auch diesmal wieder ganz bestimmt nicht „Indie-Rock“. „Nein, dieser Begriff passt gar nicht zu Spoon und wird oft nur aus Faulheit gebraucht. Viele Dinge werden unbedachterweise als,Indie’bezeichnet weil sie unkonventionell sind. Dabei war und ist der Indie-Rock meistens alles andere als das. Vielleicht ist es ja,New Soul‘?‘ Britt kichert ein bisschen, das kommt ansonsten fast nie vor.

Abschließend und mit einer gewissen Vorsicht gefragt: Ist Deutschland vielleicht doch zu blöd oder einfach noch nicht bereit für das sanfte Scheppern und das virtuose Zitieren, also für die großen Songs von Spoon ? Dylans“Leopard-Skin Pillbox-Hat“ wird bei Britt Daniel zum „My Little Japanese Cigarette Case“, auf „The Underdog“ setzen gleich zu Beginn Van-Morrison-Bläser ein, und „The Ghost Of You Lingers“ ist eine Art Liebeslied, -das die Frage stellt, ob man sich mit dem anderen Menschen wirklich besser fühlen oder doch wieder nur streiten würde. So oder so: Das Glas ist noch halb voll.>» www.spoontheband.com