Singles


Kann das bitte mal aufhören? Mit diesen jungen, introvertierten deutschen Neo-Songschreibern, die auch ein bisschen was mit Elektronik machen und so. Tom Albrechts Schlagerlied „Wir sind eins“ (Polydor/Universal) geht nämlich überhaupt nicht. Kein Vergleich zu Wir sind Helden.

Nein, es hört nicht auf. Aber man muss ja vorsichtig sein dieser Tage beim Schlechtfinden von deutschen Künstlern. Am Ende lesen die das noch. Astra Kid und „Schwarzfahren“ (V2/Zomba) ist Schrammelindierock mit cool-gelangweiltem Gesang und „zeitgemäßen“ deutschen Texten: „Ich bin schwarz gefahren. Na und? Na und? Es könnte schlimmer sein“, wohl kaum. Wir sind Helden sind besser.

Justin Timberlake muss ja jetzt quasi per Popverordnungsdekret von jedem gemocht werden. Schön, dass er jetzt bei den Black Eyed Peas mit rumtut. Das ist ein Grund mehr, ihn mögen zu können. Was aber nichts daran ändert, dass „Where Is The Love?“ (Polydor/Universal) ein relativ harmloser, wenn auch hübsch eingängiger HipHop-Schlager ist. Dann schon lieber die Liebeslieder von Wir sind Helden.

Man will ja eigentlich gar nicht mehr mit so achtziger Jahre Retro-Elektro-Zeugs in Verbindung gebracht werden. Aber Client gehen schon in Ordnung. Nicht nur, dass „Rock And Roll Machine“ (Toast Hawaii/Mute/Virgin) auf Andy „Depeche Mode“ Fletchers Label erscheint, es elektrorockt auch ganz ordentlich und hat dieses gewisse Maß an Sexyness, das diesen jungen, introvertierten deutschen Neo-Songschreiberlingen völlig abgeht. Könnte auch Wir sind Helden gefallen.

Mist, wieder einen Hype verpasst. „Hey Girl“ (Rough Trade/Sanctuary/Zomba) ist schon die zweite Single der Delays. Wo ist bloß die erste hingekommen? Vier Buben aus Southhampton machen sonnenscheinigen Sixties-Pop, der ans achtziger Jahre Sixties-Pop-Revival erinnert. Kann man anhören. Man kann aber auch Wir sind Helden hören.

Gepriesen seien die Dixie Chicks! Sie sind neben Michael Moore die einzige öffentlichkeitswirksame gesellschafts- und regierungskritische Instanz in der amerikanischen, äh, Kulturszene. Und „Long Time Gone“ (Columbia/Sony Music) muss man ja auch nicht unbedingt anhören, es reicht ja schon, wenn man an die Dixie Chicks denkt. Oder an Wir sind Helden.

Mal ganz prosaisch anhand von „Fallen Angel“ (V2/Zomba) die Wahrheit über Elbow geschrieben: Das ist gelangweilter, langweiliger, weinerlicher, selbstmitleidiger, klischeeüberladener Indiepop aus England, bei dem der Hymnenfaktor die fehlenden Songschreiberfähigkeiten kaschieren soll. Das Gegenteil von Wir sind Helden.

Erinnert sich noch einer an die Trash Groove Girls? Das deutsche Frauentrio mit dem trashigen Groove? Diedrich Diederichsen bestimmt. Fanny Pack sind sowas wie die Brooklyner Ausgabe davon (drei Mädels und zwei Buben, die allerdings nicht mit aufs Coverfoto durften). „Cameltoe“ (Tommy Boy/Edel) ist hiphoppiger Retro-Elektro, bei dem auch schon mal die frühen Salt’n’Pepa durchscheinen dürfen. Schon niedlich, auch wenn Fanny Pack ein vollkommen anderes Weltbild zeichnen als zum Beispiel Wir sind Helden.

Das rockt nicht so: „I Need You“ (Mute/Virgin) ist eine der schwächeren Nummern von Dave Gahans Paper Monsters. Dann schon eher die beiden Non-Album-Tracks: „Closer“ – vielleicht Gahans bislang depechemodigster Song. Und das hymnische „Breathe.“ So, jetzt hat Dave Gahan genauso viele Singles draußen wie Wir sind Helden.

Moby, dieser klischeefreie Kämpfer gegen das Böse in der Welt, hat für „Jam For The Ladies“ (Mute/Virgin) genau das Richtige getan: Princess Superstar ins Studio eingeladen und so die Verantwortung für den okayen pumpenden, bigbeatigen Track auf mehrere Schultern verteilt. Nur: Nach dem sechsten Remix und 36 Minuten möchte man aber dann doch wieder mal gerne was ganz anderes hören. Wir sind Helden zum Beispiel.

Tobias Kuhn ist der Sänger der Würzburger Miles. Und Monta ist Kuhns Soloprojekt. Die „Always Altamont EP“ (Blickpunkt Pop/EFA) ist voll mit sechs wunderschönen indiepoppenden, folkinfizierten Midtempo-Stücken, bei denen schon mal ein Theremin oder ein Klavier die erste Geige spielen kann. Plus ein Cover von Depeche Modes „Shake The Disease“, das hier „Millions“ heißt. Monta ist natürlich ganz anders als Wir sind Helden.

The Notwist haben jetzt ihr eigenes Label. Und „Lichter“ (Alien Transistor/Hausmusik/Indigo) ist die erste Veröffentlichung darauf. Quasi der Soundtrack zum gleichnamigen Film von Hans-Christian Schmid („Nach fünf im Urwald“, „Crazy“). Vier Versionen des Titelstücks (darunter – natürlich – ein „Console Rmx“). Das ist wundervoll melancholischer (weil: Sebastian Hess am Cello) Post-Ambient mit Pianoloops und minimalistisch-frickeliger Elektronik. So Nicht-von-dieser-Welt-sei-Musik, mit der sich The Notwist wieder einmal neu erfunden haben. Wussten Sie schon, dass Wir sind Helden The Notwist mögen?

Geschichten, die das Leben schrieb. Vorgetragen mit einer unprätentiösen Haltung, jenseits des neuen deutschen Nihilismus. Haltung statt Antihaltung als Antihaltung. Das sind Tomte. Und das ist gut so. In „Die Bastarde, die dich jetzt nach Hause bringen“ (Grand Hotel Van Cleef/Indigo) erzählt Thees Uhlmann aus seinem Leben, das auch dein Leben sein kann. Konzept: je ein Song aus jedem der drei Tomte-Alben. Gute Idee. Und manchmal, wenn Thees Uhlmann über Hamburger Zebrastreifen geht, trifft er Wir sind Helden.