Smashing Pumpkins: Grimmiger Spaß der Extra-Klasse


Es war schwer vorstellbar, wie die Smashing Pumpkins einige ihrer 28 neuen Songs vom ‚Mellon Collie And the Infinite Sadness‘ -Monsterwerk live rüberbringen würden. Stücke wie ‚Porcelina Of the Vast Ocean‘ oder ‚Tales Of A Scorched Earth‘ leben in ihrer Studiofassung von einer Komplexität, die irrwitzige Gitarrenduelle ä la Sonic Youth, rüden Verzerrgesang nach Art der Nine Inch Nails, King Crimson-Psychedelia und metallische Blue Oyster Cult-Riffs miteinander verbindet, so daß man beim geringsten Fehler des Mixers Angst haben muß, das kunstvolle Gebilde würde auseinanderfallen wie ein Gebäude aus ausgeleierten Legosteinen.

Die Pumpkins dürften von ähnlichen Ängsten geplagt gewesen sein (sagten sie deswegen ihre US-Tour ab, und bereisen stattdessen erstmal den Rest der Welt?); alleine, den Besuchern an diesem Abend war’s wurscht. Sie kannten das neueste Werk eh noch nicht und waren bloß froh, Tickets für die einzige US-Show in diesem Jahr ergattert zu haben – entweder per Lotterie oder von Schwarzmarkthändlem zu satten Preisen von bis zu 150 Dollar.

Die Show wurde zum Heimspiel – und das nicht nur, weil sie in der Pumpkins-Heimatstadt Chicago über die Bühne ging. Anfängliche Bedenken, daß Cheap Trick die falsche Wahl als Vorgruppe sein würden, zerstreute deren Gitarrist Rick Neilsen durch sein nach wie vor frisch klingendes Pop-Metal-Spiel. So war das Publikum bereits aufgedreht und willig, als die Pumpkins eine Stunde später die Bühne betraten. Gottseidank versuchten Billy Corgan & Co. erst gar nicht, die Tiefe, Wärme und Fragilität der aktuellen Studioaufnahmen zu imitieren, sondern nutzten vielmehr die ausgelassene Stimmung ihrer Fans, um sich in granitharter Manier zu präsentieren.

Schon mit dem Opener ‚Tonight, Tonight‘ hatte die Band ihr Publikum fest in seinen Bann gezogen, der auch dann nicht brach, als nach gut zehn Minuten ein Stromausfall die Show inklusive der weltweiten Satellitenübertragung komplett lahmlegte. Nach Behebung des elektrischen Mißgeschicks wurde es dann sogar noch besser: Über 80 Minuten lang spielten die Pumpkins vorwiegend Songs vom neuen Album, jetzt unter notdürftiger Beleuchtung – so grob und gut, daß sie ihrem Superstar-Status problemlos gerecht wurden. Als dann zum Schluß noch Klassiker wie ‚Disarm‘ und ‚Today‘ angestimmt wurden, endete der Abend glücklich, entspannt und triumphal – selbst der oft so miesepetrige Billy Corgan hatte ein jungenhaftes Grinsen im Gesicht; wußte er doch, daß seine Band alles gewonnen hatte. Für die Zugaben holte man dann nochmals Cheap Trick auf die Bühne – nicht bloß freundliche Geste, sondern echtes, ausgelassenes Vergnügen. Heimvorteil locker ausgespielt!