Sogenannte Freunde


Howe Gelb hat Giant Sand endlich wiedergefunden.

Und dann bringt er es doch mit etwas Wehmut über die Lippen: „Es war, als würde etwas sterben.“ Howe Gelb sitzt in einer dämmerigen Hotellobby unweit dem Kölner Hauptbahnhof und räumt mit der Vergangenheit auf – bis gerade eben auf erstaunlich nüchterne Weise. Es geht um seine Band. Giant Sand, zu der einst Joey Burns und John Convertino gehörten, bevor sie sich mit ihrem Seitenprojekt Calexico abkapselten, um größer zu werden. „Ich bin stolz auf ihren Erfolg“, sagt Gelb, „weil ich weiß, dass sie ohne Giant Sand nie so weit gekommen wären. Trotzdem frage ich mich, ob ich mir in all den Jahren nicht etwas vorgemacht habe, was unsere sogenannte Freundschaft angeht.“ Vorausgegangen sind dieser schmerzlichen Einsicht sehr unschöne Momente. Zum Beispiel ließen Burns und Convertino Gelb in letzter Minute hängen, als sie zu dritt als Headliner auf einem Festival im heimischen Arizona spielen sollten, und verhinderten vor vier Jahren die Veröffentlichung des Giant-Sand-Albums Macht sich selber gerne kleiner, als er ist: Howe Gelb, der ewig verkannte Alternative-Gigant CHORE OF ENCHANTMENT in Frankreich, weil sie zur gleichen Zeit auf demselben Label [das einem guten Freund von ihnen gehört] mit Calexico eine Platte an den Start brachten. „John und Joe wissen, dass ich drei Kinder durchzubringen habe und auf die Einnahmen aus meinen Platten sehr angewiesen bin. Die Sache hat mich tief verletzt. „Aber nicht ausgebremst: Gerade hat Gelb, der auf ewig verkannte Große des US-lndependent-Rock, GIANT SAND IS ALL OVER THE MAP veröffentlicht – „meine ungefähr 40. Platte in 20 Jahren“. Entstanden ist das Album unter Mitwirkung von befreundeten Musikern aus Dänemark, wo Gelb über die Sommermonate lebt. „Sie hatten mich auf der Tour zu meinem letzten Soloalbum begleitet. Die Art, wie wir miteinander umgegangen sind, wie spontan wir geschrieben und uns immer wieder angespornt haben, hat mich sehr an die besten Zeiten mit Giant Sand erinnert.“ Zwar behauptet Gelb, bald 50, das Alter mache sich langsam bemerkbar, doch seinen Songs hört man’s nicht an. Im Gegenteil: Die mageren Jahre von Giant Sand scheinen vorüber.