Steve Wynn Quartet


„DU KRIEGST DIE HÖHEREN WEIHEN FÜR DIESEN Abend. Du hast meine Stirnhöhle für diesen Sommer kuriert“, resümiert Woody Allen in seiner „Sommernachts-Sexkomödie“ ein amouröses Küchentisch-Intermezzo mit Mary Steenburgen. Ohne jetzt unzulässige Vergleiche anstellen zu wollen, muß doch gesagt werden: Einem Konzert, das sich als wirksam erweist, peinigendes Stirnpochen und unschickes Triefauge beim Rezensenten abzustellen, gebührt ebenfalls die eine oder andere Weihe. Steve Wynn, ehedem Gründer der alternativen Countryrock-Legende Dream Syndicate, Mitglied der Psycho-Folker Gutterball und bis heute verläßlicher Lieferant von soliden Soloplatten, sieht mit seinem knittrigen Anzug aus wie aus dem Tourbus gepellt. Aber er freut sich: „Danke, daß ihr trotz des Schnees gekommen seid“, begrüßt er das halbvolle Incognito. „Ich komme aus Kalifornien, und diese Jungs hier – Wynn verweist auf Co-Gitarrist und Bassist – „wohnen dort. Wir gehen normalerweise davon aus, daß, wenn Schnee liegt, niemand nirgendwo hingeht. Schnee bedeutet so was wie das Ende der Welt. Da geht man nicht aus…“-„What about the girl?“, unterbricht ein Zwischenrufer. Linda Pitmon ist gemeint, die sehenswerteste Schlagzeugerin des Planeten, die hinten am Drumset Platz genommen hat. „Sie kommt aus Minnesota. Für sie ist das anders, aber…“ – „What about the girl“, kommt’s nochmal mit Nachdruck. „Schmeißt mal jemand diesen Amerikaner raus“, winkt Wynn grinsend ab. Allgemeines Geschmunzel. Oh, schön. Wir haben Spaß. Gemütlich. Dann laßt uns doch mal Musik machen. Dann rocken sie gemächlich drauflos, und es wird eins dieser Konzerte, die in Erinnerung bleiben. Warum, ist schwer zu sagen. Das ist alles nicht spektakulär, und nicht unbedingt jeder von Wynns Songs hat Klassikerformat. Aber wie diese sympathischen Menschen das so aus den Boxen poltern lassen – der Geist Neil Youngs durchdringt den Saal -, das euphorisiert und erwärmt das Herz. Ihr Country’n’Folk’n’Rock’n’Roll ist mal geeignet, um forsch das Haupthaar zu schütteln, mal, um dazu eine Träne zu zerdrücken. Mit seinem Support-Act, dem hier ausdrücklich gepriesenen „Protest Singer“ (was sonst?) John Wesley Harding, spielt Wynn dann noch eine akustische Zugabe. Und Linda schüttelt die Rassel dazu. Alle freuen sich. Das ist wirklich rauchig da drin. Kein Problem. „Er hat Schnupfen – er hört Steve Wynn.“