Sting


SEIN TRICK? VIELLEICHT: „A GENTLEMAN will walk but never run.“ Ein Gentleman ist Sting fraglos, ein cleverer noch dazu, einer, der nichts überstürzt und dem ob dieser Behutsamkeit Erstaunliches gelingt: etwa aus einem eklektischen, bisweilen hochkomplexen Musik-Mix massenkompatible Melodien zu formen, die lässig im Mainstream dahersurfen. Ein Paradoxon? Gewiss, und nicht das einzige. Während bei Konzerten – den guten zumindest – die Zeit normalerweise wie im Flug vergeht, scheint sie hier stillzustehen. Stunden wähnt man den blonden Superstar im schwarzen Gewand und seine famosen Begleiter schon auf der Bühne. Doch der Blick zur Uhr zeigt: Gerade mal 50 Minuten sind gespielt. 90 werden’s am Ende sein plus zweier je zwei Songs umfassender Zugabensets. Und wenn alles vorbei ist, wird die sehr kleine, sehr junge, sehr hübsche Frau gleich links von mir, die eben zu „Fragile“ wundervolle Harmonien singt, wird der nervige Bootlegger rechts, der immerzu die Songtitel vor sich hin brabbelt, samt seinem lärmigen Kumpan, kurz: werden die meisten Besucher mit einem seltsamen Leuchten in den Augen wieder hinaus in den Kälte klirrenden Münchner Abend gehen. Dabei sorgt der Auftakt – eine etwas ziellos groovende Beinahe-Jam-Session, aus der sich immer wieder Melodiepartikel lösen: „Set Them Free“,“After The Rain ,“We II Be Together“ und „Perfect Love…Gone Wrong“ (mit einem rappenden Drummer Manu Katche in der Hauptrolle) – noch da und dort für Stirnrunzeln. 20 Minuten geht das so, ehe sich Sting höflich ans Auditorium wendet („Guten Abend. Wie gäht es Ihnen?“), die Band vorstellt („an der Gitarre: Herr Dominic Müller!“) und ein veritables Best-Of-Programm abzuspulen beginnt. Ob „All This Time“, „Fields OfGold“, oder eine- ähem -fragmentarische Version von „Roxanne“ (jedermanns peinlichstem Lieblingslied), „Brand New Day“ oder „Desert Rose“: Das Publikum singt, klatscht und ist auch sonst bald komplett aus dem Häuschen. Der jugendlich wirkende Held strahlt, derweil die Musiker präzise wie ein Schweizer Uhrwerk funktionieren. Vor allem Pianist Jason Rebello sowie Trompeter Chris Botti wissen mit den Freiräumen, die der Meister gewährt, eine Menge anzufangen. Das Finale: „Message In A Bottle“. „Fragile“. Nur der Star – und seine Fans. Der Vorhang fällt, es funkelt der Sternenhimmel, es herzen sich Liebespaare. Verbeugung. Winken. Ab. Irgendwo wartet eine sehr kleine, sehr junge, sehr hübsche Frau auf ihren Mantel, leise „be yourself no matter what they say“ singend. Die Umstehenden lächeln. Wer mag da stören? Sting spielt bei Rock am Ring und Rock im Park lg. bis v. Juni 2000)