The Great Fatsby


Er ist kein Kind von Traurigkeit. Trotz einer „Rise and Fall“-Karriere wie aus dem Rock’n’Roll-Bilderbuch und langwierigen Drogen-Problemen hat LESLIE WEST seinen trockenen Humor bis heute nicht verloren. „Ich sehe mich selbst als einen Cartoon“, erklärt er lachend am Telefon.

Der korpulente New Yorker, einst selbst umjubelter Gitarren-Held und mit 250 Pfund Lebendgewicht ein kolossales Unikum in der auf Schlankheit bedachten Branche, kann sich über die heutigen Axemen nur wundern. Im Vergleich zu ihren unermüdlichen „Battles of speed“ fühle er sich eher antiquiert. Seine Idole hießen: Eric Clapton wegen des „Blues“ und die Who wegen ihres „harten Beats“. Schon deshalb können ihm die modernen Schnellfinger kaum imponieren. Und noch weniger gibt er auf die Flausen des Ruhms. Erfolg sei letztlich eine Illusion, meint der 40jährige.

Sein Solo-Debüt fiel ins Jahr 1969, ein Auftritt beim legendären Woodstock-Festival mit seiner Band MOUNTAIN und etliche Charts-Seiler wie „Mississippi Queen“ oder „Nantucket Sleighride“ schlössen sich an. Bereits 1971 waren West, der inzwischen verstorbene Bassist Felix Pappalardi und Corky Laing die unbestrittenen Könige des Metal Made In USA, Amerikas Antwort auf Led Zeppelin. Weit über sieben Millionen verkaufter Alben unterstrichen am Ende ihre Dominanz auch in dieser Weise.

Nach einem Intermezzo als Trio West, Bruce & Laing (1972 bis ’74), einem gescheiterten Mountain-Revival 1974 und zwei Solo-Alben verschwand „the great fatsby“ West 1976 plötzlich von der Bildfläche. “ 1976 verließ ich New York, weil ich es dort nicht mehr aushalten konnte, und ließ mich in den folgenden drei Jahren im Mittleren Westen nieder. Ich wollte mir Klarheit verschaffen und ließ Stationen meiner Karriere Revue passieren. Ich gewann Abstand zu mir, vor allem aber zum Business. Ich mußte mich sammeln, um eines Tages wieder mit klarem Kopf zurückzukehren“.

Doch so weit war er noch nicht. Was vorerst blieb, war die Erinnerung an einen der größten Stilisten der 70er Jahre, ohne den selbst ein Eddie van Haien nicht denkbar wäre. Sein Spiel inspirierte fast schon Generationen. Zwei Beispiele nur: Der verstorbene Randy Rhoads schätzte ihn ebenso wie Michael Schenker, der für West heute „der Gitarrist schlechthin“ ist. „Nimm vier der momentan erfolgreichsten Bands, tausche ihre Gitarristen aus und sie klingen trotzdem alle gleich“, kommentiert er die Entwicklung auf dem Hardrock-Sektor.

Sein dreijähriges, inneres Exil hatte neben negativen Eskapaden „drug-battles“ aber auch seine gute Seite: Leslie mußte quasi wieder bei Null beginnen, modifizierte seine Gitarren-Technik und lernte „erstmals“, wie er heute betont, „echte Songs zu schreiben.“

Das Resultat? Mountains GO FOR YOUR LIFE anno’85 oder: Die unerwartete Rückkehr einer Legende.