The Replacements – Pleased To Meet Me


Nicht nur Prince bringt Minneapolis auf die Landkarte. Aus der Stadt im amerikanischen Mittelwesten kommt eine hierzulande noch wenig bekannte Gruppe, die den Rock ’n‘ Roll noch einmal tief unten an der Wurzel faßt.

Ein Album, das wie ein in Tone gegossenes Manifest über die immer noch vorhandenen Möglichkeiten der Rockmusik klingt. Die Replacements ignorieren ganz einfach, daß „Rock“ schon längst nicht mehr für „Rebellion“ steht. In einem 30minütigen Rausch aus melodiösem Know How und unbändigem Vorwärtsdrang zelebriert Pleased To Meet Me den Rock ’n‘ Roll, als ob er nie seine Unschuld verloren hätte — ein lauter, überschwenglicher und lustvoller Triumph des Augenblicks über quälende Zukunftsprognosen.

Replacements-Kopf Paul Westerberg beweist sein immenses Songschreiber-Talent in 11 knapp und präzise formulierten 3-Minuten-Statements, die wie eine Parade kontrolliert gezündeter Sprengsätze abgefahren werden. Dabei wissen die Replacements, wie wichtig es ist, zwischendurch auch mal ein bißchen auf die Bremse zu treten. Doch sind die spröde swingenden „Nightclub Jitters“ und das versponnene „Skyway“ beileibe keine lästigen Pflichtübungen, sondern ein nicht minder attraktives, anderes Ausdrucksmittel der Rock-Philosophie a la Replacements. Fast komödiantisch mit seinen nachlässig rausposaunten Vocals wirkt dagegen „I Don’t Know“, während Tracks wie „Never Mind“ oder „Shooting Dirty Pool“ die schiere Lust am Rock dokumentieren. Auch als Sänger vermag Paul Westerberg, cool aber doch verletzlich, den Spannungsbogen mühelos zu halten.

Zudem haben die Replacements mit Jim Dickinson als Produzent einen wahren Glücksgriff getan. Er versteht es meisterhaft, das enorme Energieaufkommen in wohldosierte Bahnen zu lenken und das Flair der Band im richtigen Moment einzufangen. Den rauhen Gitarrensturm federt Dickinson hier und da mit Bläsern ab — sehr kompakt, sehr dicht, ungemein überzeugend.

Wer sich in Pleased To Meet Me nicht verliebt, hat noch nie wirklich sein Herz an den Rock ’n‘ Roll verloren. Große Worte für eine große Platte.

Band-Geschichte

Ihren ersten Gig, so berichtet die Legende, hatten Paul Westerberg, Chris Mars, Bob und Tommy Stinson vor nunmehr fast sieben Jahren in einem kirchlichen Auffanglager für Alkoholiker. Youngster Tommy konnte gar nicht erst antreten, weil er sich kurz zuvor den Arm gebrochen hatte; der Rest wurde, ziemlich betrunken, vor die Tür gesetzt, noch ehe die erste Note erklungen war. Da half nur noch ein Namenswechsel: Aus dem Delirium der „Impeediments“ erstanden The Replacements auf. Vorher hatte der Ex-High School-Hausmeister Westerberg seine drei Mittäter, die bis dahin u.a. alte Yes(!)-Nummern durch den Cover-Wolf gedreht hatten, davon überzeugt, daß er tatsächlich ein Sänger sei. Westerberg: „Sie schienen blöde genug, um es mir abzukaufen. Sie waren keine Musiker, nur drei biertrinkende Rowdies, die laute Musik spielten. Verdammt, sagte ich mir, das sind meine Jungs.“