The Singles


Das Cover der EP „Beat And The Pulse“ (Domino/Good To Go) von Austra löst zunächst den natürlichen Abwehrreflex gegenüber den nächsten sensiblen Folkwunderkindern aus. Dann erweist sich aber alles als halb so schlimm. Die Debüt-EP der Band mit Katie Stelmanis (Opernsängerinnenausbildungsabbrecherin und u.a. Backingsängerin von Fucked Up) und Maya Postepski darf man sich wie eine Mischung aus Old-School-4-AD-Sphärenfolk mit einer kräftigen Zugabe von programmierten Beats vorstellen. Herausragend im Titelsong: der fette New-Order-Sequencer.

Ja, wir bekennen uns schuldig. Schuldig, The Beautiful Fall, das letztjährige Album von Bunny Lake nicht (ausreichend) gewürdigt zu haben. Immerhin sind Bunny Lake die aufregendste Elektro-Pop-Band Österreichs. Mindestens. Die EP „Army Of Lovers“ (Universal) besticht wieder durch diese lässige Elektropoppigkeit. Dazu gibt es eine Handvoll Remixe. Wobei der von JBAG (Jerry Bouthier und Andrea Gorgerino aus dem Kitsuné-Umfeld) seltsam blutarm bleibt. Jedenfalls klingt der der Wiener Polariot mehr nach Kitsuné. Gewinner des internen Remix-Wettbewerbs aber ist Seelenluft. Beat Solér hat den Originaltrack auseinandergenommen und zu einem Acid-infizierten Dancefloorsmasher zusammengesetzt.

Wir erinnern uns gerne an den Song „Cruel Intentions“, für den Beth Ditto ihre Stimme an Simian Mobile Disco ausgeliehen hatte – auf deren 2009er Album Temporary Pleasure. Das funktionierte ausgezeichnet – Dittos mächtiges Organ zu psychedelisiertem Tech-House. Jetzt, in der Zeit, in der das neue Gossip-Album am Entstehen begriffen ist, legen beide Beteiligte nach, und zwar eine vier Songs lange „EP“ (Deconstruction/Sony Music). Die bringt mehr von diesem flirrenden, Psych’n’Weirdo-Techno in Tateinheit mit Dittos einzigartiger Stimme. Jeder Song ein Hit.

Für Philip Oakey, Joanne Catherall und Susan Ann Sulley steht gerade das zweite größere Comeback vor der Tür. Ende März soll Credo, das neue und zehnte Album von The Human League veröffentlicht werden. Wir verweisen auf das letzte Comeback und das Album Secrets von 2001, das ja gar nicht so schlecht gewesen ist. „Night People“ (Wall Of Sound/PIAS/Rough Trade), die Vorab-Single aus dem neuen Album, erzeugt ein Human-League-Synthpop-circa-1984-Wohlgefühl. Der Remix von Mylo bemüht sich um Heutigkeit, scheitert aber an diesem Anspruch. Der der französischen Producer-Legende Cerrone dagegen landet punktgenau auf der Disco-Zwölf.

Wir begrüßen ein neues Gesicht in dieser Runde: das von David Lynch. Der Regisseur hat eine Single aufgenommen, genauer: die Doppel-A-Seiten-Single „Good Day Today“ / „I Know“ (Sunday Best/PIAS/Rough Trade). „Good Day Today“ klingt wie die Wohnzimmeradaption des „Twin Peaks“-Soundtracks auf elektronisch und aufgespeedet. Der „Underworld Classic Remix“ zeigt dann, wie Lynch den Track wirklich gemeint haben könnte. „I Know“ auf der AA-Seite ist ein Bad-Seeds-Psych-Blues, der in „Skream’s Not So Ravey Remix“ nicht nur nicht so ravig, sondern auch subsonisch-fies daherkommt. Die Songs werden von der Stimme des Meisters veredelt. Die sieben Remixe blasen die Spielzeit dieser „Single“ auf 60 Minuten auf.

Ach ja, The Pains Of Being Pure At Heart. Die hätten wir fast vergessen. Jetzt rufen sich die New Yorker mit „Heart In Your Heartbreak“ (Fortuna Pop/Cargo) – 7-Inch, farbiges Vinyl, limitiert auf 1 000 Stück – in Erinnerung. Und irgendwie klingt das alles fetter als auf dem 2009er Debütalbum. Damals: The Jesus And Mary Chain. Heute: My Bloody Valentine. Wir wissen noch nicht, was wir von dieser Entwicklung halten sollen, äußern uns aber ganz bestimmt demnächst noch dazu.

Bei Robyn soll noch einer durchblicken. Da erscheinen drei EPs („Body Talk“) in Albumlänge innerhalb eines Jahres, deren Essenz am Ende auf einem Album zusammengefasst wird, dessen Veröffentlichung von Singlesauskopplungen flankiert wird. „Indestructible“ (Embassy Of Music/Warner) ist so eine. Und zwar mit einem Synthie-Dance-Popper, der im „A-Trax Remix“ mit ein paar hübschen discoiden Philly-Streichern aufgewertet wird; eine „Acoustic Version“ gibt’s auch wieder.

Das ist auch wieder so ein Fall: Sepalcure werden lediglich deshalb als Dubstep schubladisiert, weil sie ihre Musik auf Hotflush veröffentlichen. Das Brooklyn-Duo bedient sich auf seiner zweiten EP „Fleur“ (Hotflush Recordings) der in letzter Zeit so beliebten post-dubsteppigen Collagiertechniken. Hier werden Spurenelemente von Deep House, Dubstep, Hip-Hop und Clicks’n’Cuts zu einem organischen Ganzen vereint. Und souligen Gesang gibt’s obendrauf.