The Who: Lifehouse


Wie Pete Townshend an The Who und zu großen Ambitionen scheiterte.

Ein pubertierendes Kind war die Rockmusik um 1970, rebellisch nach außen hin, aber dennoch um die Anerkennung der Eltern bemüht: Fast niemand buhlte damals so erfolgreich um feuilletonistische Akzeptanz wie Pete Townshend, Gitarrist und Songwriter der ehemaligen Rabaukentruppe The Who: Sein Konzeptwerk TOMMY wurde als „erste Rockoper“ gerühmt. Spiritualität, Drogen, Medienkritik, Selbstbefreiung- Townshend hatte an alles gedacht, was den damaligen Zeitgeist ausmachte. Ein überragender Erfolg, schwer zu toppen. Doch er wollte noch einen drauf setzen.

„Lifehouse“ hieß das Projekt, ein interaktives Spektakel, hoch ambitioniert, extrem aufwändig und daher zum Scheitern verurteilt. Das Sujet: In postapokalyptischer Zukunft leben die Menschen in kultureller Umnebelung, staatlich überwacht und erfolgreich sediert durch intravenös verabreichte Unterhaltung. Das programmierte Leben. Bis sich ein Guru an eine Kraft namens Rock’n’Roll erinnert, sich in den Wäldern Rebellen formieren und den Aufstand proben. Ein bisschen „Weekend“ von Jean-Luc Godard also, ein wenig „Fahrenheit 451“, Orwells „1984“ und Woody Aliens „Der Schläfer“. Ein echter Plot jener Jahre, angemessen kulturkritisch und naiv revolutionär. „Lifehouse“ war als Kinofilm geplant, die Musik sollte als Soundtrack Doppelalbum erscheinen. Doch der Film brach dem Album das Genick: The Who hatten das Young Vic-Theater gemietet, in dem ihre Live-Darbietungen der neuen Songs gefilmt werden sollten. Zu Townshends Plänen gehörte auch ein entrücktes Publikum, das die Bühnen-Performance mitbestimmen und sich kamerawirksam in Trance tanzen sollte. Doch niemand dachte im Traum daran, sich vor laufender Kamera lächerlich zu machen – demnächst im Kino, sichtbar für jeden. Die Manager des Old Vic drängten zur Eile, da der Theaterbetrieb weitergehen musste, Townshend geriet zunehmend unter Druck. Der Film sollte ja auch Spielfilm-Szenen enthalten, das Drehbuch hatte er Universal bereits vorgelegt. Geld sollte fließen, aber es floss nicht. Noch schwerer wog die Tatsache, dass auch seine Band-Kollegen kaum kapierten, was der Maestro da ausgeheckt hatte. Und der tat sich schwer, ihnen die esoterischen Spielereien (biographische Daten der Konzertbesucher sollten via Synthesizer zu Musik werden) wirklich nahe zu bringen. Er erlitt einen Nervenzusammenbruch und hatte schließlich ein Einsehen: Der Film wurde verworfen. Relikte & Rekonstruktionen: Acht der 24 Songs tauchten auf WHO´S NEXT? auf, weitere auf ODDS & SODS, WHO BY NUMBERS und WHO ARE YOU? 2000 erschien die CD-Box LIFEHOUSE CHRONICLES und die Compilation LIFEHOUSE ELEMENTS.