Tina Turner


„HEEE! Was ist los? Leute, das ist ein Rock ’n‘ Roll-Konzert!“ rief ein etwas verunsicherter Bryan Adams in der Mitte seines Vorprogramms gegen eine Mauer relativer Gleichgültigkeit. Viel dröge Schickeria hatte sich in den ersten Reihen der bestuhlten Rudi Sedlmeyer-Halle angesammelt, die – im Gegensatz zur Peripherie – von „Canadas sexiest Rocker“ nicht viel wissen (hören) wollte.

Bryan schaffte es schließlich doch noch, ein paar lasche Hintern von den Stühlen zu reißen und wurde sogar zu einer Zugabe herausgebeten. Reife Leistung!

Und dann SIE. Dienstag abend noch in Los Angeles mit drei Trophäen des großen Grammy-Gewinnspiels geehrt, Donnerstag und Freitag schon in Ludwigshafen und München zu den ersten Gigs ihrer, von grippalen Infekten zwar unterbrochenen, aber nichtsdestoweniger euphorischen Euro-Tour.

Perfekt getimt steigt sie vom Himmel der Showtreppe herab und kommt uns zu den Klängen von Princes Antreiber-Song „Let’s Pretend We’re Married“ langsam näher. Lederjacke, schwarze knallenge Lederhosen, 46 Jahre, diese Stimme, diese Vergangenheit, diese Gegenwart… diese Frau verlangt einem allen Respekt ab, den man heutzutage überhaupt noch zu mobilisieren imstande ist.

Tina entschuldigt sich für eine schwere Erkältung (die darauffolgenden Gigs wurden bekanntlich abgesagt) und operiert fortan sehr klug mit ihrem angeschlagenen Vokal-Organ, nimmt nur dann Engagement in der Stimme weg, wenn’s fast nicht mehr auffällt. Perfekt!

Eine routiniert kompetente Band begleitet den „Soul Survivor“ durch das Programm aus PRIVATE DANCER-Songs (Höhepunkte: „Help“, „Let’s Stay Together“, „What’s Love Got To Do With It“) und so Klassikern wie „River Deep, Mountain High“ oder zum krönenden Abschluß „Proud Mary“.

Warum sich Tina allerdings einen so selten dämlichen Pseudo-Schwarzenegger an die Keyboards/Percussions stellt, versteh‘ ich ehrlich gesagt nicht so ganz – noch dazu, wo sich die Qualität der Saxofon-Einlagen des Protein-Fressers umgekehrt proportional zum Spiel seines Bi- und Trizeps verhält.

Natürlich weiß das Tina und quittiert’s in ihrer Ansage zu „Proud Mary:“… ich sing‘ den Song schon sehr lange, aber je öfter ich den Song bringe, desto besser… wird er!“

Die Zugaben lassen dann die Menge endgültig toben. Tina holt Bryan Adams zum Duett („It’s Only Love“) und startet mit ZZ Tops „Legs“ (!) zum Grande Finale. Wie heißt’s da so schön? „…she got legs, knows how to use them…“ Wie wahr! Eine runde Sache.