Tina Turner


War das jetzt Tina Turners endgültiger Abschied von der Musikszene? Eigentlich wollte sie ja schon nach den 220 Konzerten ihrer anderthalb Jahre dauernden „Break Every Rule“-Tournee nicht mehr live auftreten. Ihrem lang erstrebten Status entsprechend ist sie jedenfalls zum Abschluß ihrer mehr als 30jährigen Live-Laufbahn mit dieser „Farewell-Tournee“ nun endlich in den Open-Air-Olymp aufgestiegen. Die Spontaneität muß auf einer Tour durch Europas Stadien aber zwangsläufig auf der Strecke bleiben. Denn die Performance der Live-Veteranin und ihrer soliden neunköpfigen Band richtet sich vor

allem nach der vorausgeplanten Bildregie der Videokameras – schließlich sollen nicht nur die paar glücklichen Zuschauer vorn an der Bühne etwas mitbekommen, sondern über die beiden Projektionswände auch der Rest der 70.000 Fans.

Die Show-Effekte entsprechen denn auch dem Open-Air-Standard: Wenn Tina faucht, züngeln Flammen am Bühnenrand: ekstatischere Momente werden durch Böllerschüsse und am Ende gar durch ein Feuerwerk untermalt. Das Konzert selbst kommt aber nur langsam in die Gänge, Richtigen Szenen-Applaus (und ein erstes zaghaftes Zücken der mitgebrachten Wunderkerzen) gibt es erst beim siebten Song: „Private Dancer“. Begeisterte Reaktionen rufen später nur „Let’s Stay Together“ und dann „Proud Mary“ hervor, die alte Schlachthymne von Ike & Tina Turner, in der Pianist Kenny Moore inmitten des gitarren- und synthesizerlastigen Arena-Rocks für ein paar gospelträchtige Subtilitäten sorgt.

Zwei Stunden lang war Tina Turner hervorragend bei Stimme, und sie leistete zudem im knappen Mini-Röckchen eine bessere Beinarbeit als so manche komplette Fußballelf – mit dieser bewundernswerten Kondition beweist das noch immer bestens aussehende 50jährige Energiebündel, daß die „Foreign Affair-Farewell-Tour“ ein freiwilliger Rückzug ist. Allerdings läßt sie sich ein Hintertürchen offen: „Laßt uns alle dieses letzte Ereignis genießen“, schreibt sie im Programmheft. „Wenn ich mich dann entscheiden sollte zurückzukommen, hoffe ich, daß ihr auf mich wartet!“

Da braucht sie sich wohl keine Sorgen zu machen.