und der $iegel ist…


Ob nun der deutsche Beitrag am 5. Mai in Zagreb wieder nur ausgelacht wurde, ist relativ wurscht. Interessanter sind die Umstände, unter denen der deutsche Kandidat gekürt wurde. Klaus Lage-Bassist Martin Engelien, der mit seinem Projekt "Kennzeichen D" selbst am Grand Prix teilnahm, kamen einige Vorkommnisse jedenfalls nicht so ganz koscher vor.

Und alle sagten noch: „Wat, Du sollst beim Grand Brie einen machen, wat willze denn da?“ Ich wollte nicht hören – und so wurde auch ich dort nach allen Regeln der Schlagerkunst „ver-siegelt“.

Normalerweise bin ich Bassist beim Klaus Lage, und das schon seit fast sieben Jahren. Seit einiger Zeit produziere ich Platten, unter anderem mit Albert Mangelsdorff und Klaus Lage, und so rutschte ich, ohne zu wissen, wie mir geschah, plötzlich in die deutsche Vorentscheidung für den Grand Prix. Die Auswahl-Kriterien sehen nämlich vor, daß die erfolgreichsten Produzenten des letzten Jahres jeweils eine Nummer für den Wettstreit beisteuern. Da dieses Terrain nicht gerade mein Bier ist, rechnete ich mir auch kaum Siegeschancen aus, wollte aber doch mal mitmachen, frei nach dem olympischen Motto „Dabeisein ist die halbe Miete“.

Ich mußte jetzt nur noch ein programmgemäßes Projekt aus dem Boden stampfen, denn Klaus ist ja nun mal nicht gerade der richtige Mann unter all den Roland Kaisers und Jürgen Drews dieser Welt. Dr. Diether Dehm, Frankfurter Bundestagskandidat und Mädchen für alles („Master of too much“), der ganz nebenbei auch noch unser Manager ist, hatte mal wieder eine rettende Idee. Über ihn lernte ich den Michael Barakowski kennen, einen bekannten Rock-Sänger aus der DDR, der dort schon mal „Sänger des Jahres“ war und eine Single als „Lied des Jahres“ davontragen konnte. Er hatte, obwohl auch nicht in diesem seltsamen Metier zu Hause, große Lust mitzumachen und in den „Siegel-Ring“ zu steigen. Wir ahnten ja nicht, was uns blühte.

Nachdem ich mit Diether Dehm die Nummer „Wieder Zusammen“ komponiert und er mit Erich Virch den Text geschrieben hatte, konnte ich Stephan Wald, den amtlichsten Helmut Kohl (neben Helmut selber) für die sogenannte „Patenschaft“ gewinnen. Das Projekt „Kennzeichen D“, bestehend aus drei Zonis und drei Bundis, war geboren.

So etwas hat es beim deutschen Grand Prix noch nie gegeben: Michael war der erste Ost-Sänger, der je dort mitmachte, und auf dieser Idee basierte das ganze Projekt. Leider konnte irgend jemand erfolgreich verhindern, daß diese Tatsache in der Anmoderation herausgestellt wurde.

Das Desaster begann allerdings schon einen Tag nach unserer Ankunft in „Siegel-Town“. wie vor dem Grand Prix München mal hieß. Die ersten Proben liefen noch reibungslos, doch nachdem Herr Siegel (der nach den diesjährigen Auswahl-Kriterien gar nicht an den Start gehen durfte), nachdem also Herr Siegel erstmal seinen Soundcheck gemacht hatte, war alles in „Siegel-Hand“. Als für den letzten Tag noch drei Soundchecks vergeben wurden, war er nicht dabei. Eine Stunde später hieß es, daß erstmal Herr Siegel… und dann noch die drei anderen Soundcheck machen. Unnötig zu erwähnen, daß er die für jeden ohnehin schon knappe Zeit (ca. 20 Minuten pro Act) um fast eine Stunde überzog.

Noch ein schönes Beispiel: Ich hatte mit Victor Worms, der Moderator beim Münchner Sender „Antenne Bayern“ ist, vier Wochen vor dem Grand Prix für den 29. März einen Interviewtermin abgemacht; um 13.10 Uhr sollte das Gespräch live über den Sender. Alles war abgeklärt und geregelt, alles war bestens. Kennt Ihr die Story vom „Siegel und Hasen“? Ich komme also um Punkt 13 Uhr zu „Antenne Bayern“, und der Siegel ist schon da. Einmal dürft Ihr raten, wer um 13.10 Uhr das Interview machte – und wer unverrichteter Dinge nach Hause geschickt wurde.

Als dann am Nachmittag in der Kantine so Sätze gehört wurden wie: „Den Meinunger (Ex-Siegel-Partner, inzwischen aber Konkurrent – Red.) mach‘ ich fertig“ wußte noch kein Mensch, daß der am Abend mit seinem Projekt wirklich auf dem vorletzten Platz landen würde. Und als Drafi Deutscher mit Isabell Varell. die vorher den „Hörfunk-Preis“ für sich einheimsen konnten, auch nur auf den 6. Platz kamen, während eine völlig schiefgesungene Nummer wie das „Siegel-Lied“ mit einem unmenschlich großen Vorsprung das Rennen machte, begann hinter den Kulissen das Murmeln. Sollte es nur daran gelegen haben, daß Siegel – wieder mal – seine Münchner Claqeure mit Eintrittskarten versorgt hatte, die „ihr Lied“ mit frenetischem Beifall begleiteten und so die Fernsehzuschauer beeinflußten? Oder sollte vielleicht gar TED. der angeblich so unbestechliche Post-Computer, gar nicht sooo unbestechlich sein…? Wen wundert’s, daß endlich doch mal einer wie Drafi Deutscher die Courage hat und eine Strafanzeige (gegen Unbekannt) stellt. Spätestens seit den Bekenntnissen einiger Computer-Hacker, die behaupten, sie knackten TED zwischen zwei Frühstückseiern, ist das gute Stück der Post ins Gerede gekommen. Ich finde: Wenn der Grand Prix überhaupt noch eine Daseinsberechtigung haben soll, muß die Bewertung auf eine objektiv nachprüfbare Basis gestellt werden. Und außerdem sollte man noch einmal die Statuten für die Zulassung überdenken. Denn solange ein gewisser Herr beim Grand Prix anwesend ist, wird sowieso wieder alles „Ver-Siegelt“.