Underworld: Saalburg, Bleichlochtalsperre, Sonne Mond Sterne


Die Herren aus London geben sich mal wieder die Ehre - ungewöhnlicherweise nicht so laut wie erwartet.

Halb zwei Uhr nachts: Leichte Skepsis breitet sich im Publikum aus. Hängt sich Karl Hyde beim Soundcheck tatsächlich eine Gitarre um (wahrscheinlich die einzige auf dem ganzen Festivall- Kurz ist man versucht zu glauben, dass Hyde und Kollege Rick Smith nun doch zu den Rockisten übergelaufen sind. Wie so viele in ihrem Alter. Schließlich hat mit Darren Emerson das einzige Underworld-Mitglied. das noch nicht die 40 überschritten hat, vor einiger Zeit die Band verlassen. Ob es am Alter liegt oder nicht, auf alle Fälle machten sich Underworld hierzulande in der letzten Zeit rar – einen der wenigen Auftritte konnten die Veranstalter des Sonne-Mond-Sterne-Festivals in Thüringen organisieren. Vor der am Ufer des Bleilochtalstausees gelegenen Hauptbühne fanden sich denn trotz hochkarätiger Konkurrenz wie Anthony Rother und Tiga einige Tausend Leute ein, um die Gelegenheit zu nutzen, die beiden Briten live zu erleben. Auch einige Hardcore-Fans aus der Frühphase der Band inklusive „Underneath-The-Radar‘-Fahne halten sich vor die Centerstage begeben – doch statt 80er-Revival stand in dieser Nacht vor allem Frühneunziger-Sound auf dem Programm. Als dann nach dem Ende der langen Umbaupause, die ersten bekannten Klänge aus den Boxen klangen, war klar, dass Underworld nicht verlernt haben, wie man das Haus bzw. die Wiese rockt. In guter Festival-Manier wurden hauptsächlich Klassiker von allen bisherigen Alben gespielt – „Rez“, „Cowgirl“, das obligatorische und ausgiebig bejubelte „Born Slippy“ und natürlich auch die aktuelle Single „Two Months Off“ vom kommenden Album „A Hundred Days Off“. Bis auf den Breakbeat von „Pearls Girl“ hielt man sich an das altbewährte Rezept – schnelle, straighte Bassdrum mit melodischen Flächen und Hydes ekstatisch-kryptischem Gesang. Die gefürchtete Gitarre kam übrigens tatsächlich zum Einsatz, allerdings nur als Melodiegeber in einigen wenigen Stücken – und blieb somit völlig Techno-konform. Nichts Neues also, aber das auf sehr hohem Niveau. Das gleiche galt auch für die Bühnenshow: Mit übermächtigen Projektionen auf eigens aufgehängten Plastikkissen bot die Band selbst die Techno-Liveact-übliche Szenerie, nur dass bei Underworld dem stoischen Dr. Smith hinter seinem Mischpult ein hyperaktiv über die Bühne rasender und hüpfender Mr. Hyde zur Seite stand. Das Publikum liess sich zwar durchaus mitreissen, aber die späte Stunde und besonders die – auch im Vergleich zu anderen Acts auf der Hauptbühne – niedrige Lautstärke wirkte wohl leicht zappelhemmend. Aber auch ohne Massengehüpfe und gedrängel war die Stimmung hervorragend, und nach der Zugabe „Moaner“ liessen Underworld ein äusserst gut gelauntes Publikum zurück, das anschließend noch Paul Oakenfold huldigen durfte.