Vor 20 Jahren: Ramones, Pistols, Siouxie & Damned: In London geht der Punk ab


Im Sommer ’76 stank Pop zum Himmel: Die Helden der ersten Generation waren entweder tot (Hendrix, Joplin, Morrison und Jones) oder saßen als satte Rock-Millionäre in ihren superteuren Hollywood-Villen und nervten mit selbstgefälligen Bombast-Alben (Stewart, Stones, Fleetwood Mac, Pink Floyd etc.)- Und dann gab’s da noch die Discowelle -Rock’n’Roll, so schien es, war mausetot. Aber in den Clubs der britischen Haupstadt tat sich was: Da krochen seltsame kleine Gestalten mit zerrissenen Klamotten und wilden Haaren aus der Gosse, schnallten sich Instrumente um, die sie mehr schlecht als recht beherrschten, und veranstalteten damit einen Höllenlärm. Die pickeligen London-Kids besannen sich auf die Tradition der Sixties-Garagen-Bands und das Erbe der Ur-Punks vom Schlage Who oder Kinks und verfuhren nach der Devise ‚Nicht schön, aber laut und schneit‘.

Und am 4. Juli gaben die noch am Anfang ihrer Karriere stehenden US-Radaubrüder Ramones bei einem gemeinsamen Konzert mit der amerikanischen Kultband Flamin‘ Groovies im Londoner Roundhouse der jungen Szene eine Initialzündung. Zwei Tage später debütierten im 100 Club The Damned mit Captain Sensible als Vorgruppe der blutjungen Sex Pistols. Unter den Zuschauern auch zwei Stammgäste: ein grell geschminktes Mädchen namens Siouxie Sioux und der Dummer ihrer ersten Band, der noch wie ein schüchterner Pennäler wirkende zukünftige Johnny Rotten-Sideman Sid Vicious. Wenige Wochen später kletterten Siouxie & The Banshees an gleicher Stelle mit einer Punkversion des Vaterunser auf die Bühne und wurden prompt zu Kultstars. Die Sex Pistols und The Damned jedoch sollten Ende des Jahres mit ihren ersten Singles das Startsignal für die letzte echte Rock’n’Roll-Revolution geben.