Warten Auf den Prince


ihre Songs sind vertonte Landschaften, Ihre Texte märchenhafte Allegorien. In die Traumwelt der notorischen Einzelgängerin möchte nun ein leibhaftiger Prinz Einzug halten: Seine Hoheit Prince Roger Nelson. ME/Sounds-Mitarbeiterin Sylvie Simmons erklärte die Umworbene, warum sie dem noblen Angebot noch zögernd gegenübersteht.

Männerhünde, ein imposanicr Hui, Augen wie das Blau in einem Reiseprospeki. Joni Mitchell lacht viel und raucht noch viel mehr. Sie ist jetzt 45 Jahre all. sieht aus wie eine Tänzerin, ist aber Malerin aus Neigung und Sängerin aus Zufall.

20 Jahre ist es her. daß sie sich mit ihrem ersten Album SONG TO A SEAGULL den Brandstempel der reinen, verwundbaren, jungfräulichen Sängerin einfing. Nicht zu unrecht: In der Las Vegas-Welt der falschen Wimpern und Haarteile wirkte sie wie ein Fremdkörper, sie war das Zentrum der kalifornischen Szene, als Kalifornien noch das Zentrum des Universums war.

Seit der „Rolliim Stone“ ihr Album THE HISSING^ OF SUMMER LAWNS zum „miesesten Album 1975“ kürte (sinnigerweise das gleiche Album, das Prince seine Lieblings-LP nennt!), wird sie von der Kritik bei jeder neuen Platte mit Lust verrissen. Dennoch – genauso einhellig wird ihr aktuelles Werk CHÄLK MARKS IN A RAIN-STORM immerhin „das beste von Joni seil Jahren“ genannt. Wozu sicher auch die imposante Liste der Gastmusiker beiträgt: Tom Pctty. Peter Gabriel, Willie Nelson, Billy Idol. Don Henley etc.

War bei ihrer letzten Platte noch „Joni im Keyboardland“ das Motto, hat sie sich jetzt „vor allem nach lebendigen, almenden Musikern“ umgeschaut. Larry Klein, seit sechs Jahren ihr Ehemann, spielt den Baß und produzierte gemeinsam mit Joni. Das Paar lebt inzwischen in Malibu, oder – wie Joni sagt – „wir haben uns richtig solide niedergelassen“.

Klingt nach häuslichem Glück. Immerhin predigte sie jahrelang, daß sie Schmerz und Freiheit brauche, um als Künstlerin das Blut zu verlieren, aus dem ihre Sones entstanden.

„Der Sehmerz verschont auch die nicht, die sieh in ihre vier Wände zurückziehen. Ich bin zwar glücklieh verheiratet, und mein Mann ist sicher nicht der Auslöser meiner Probleme. Er ist – wie mein Zuhause – eher ein Seidenkokon. Aber außerhalb dieses Schuizmamels ist die Holt mit ihrem unendlichen Leid. Ich habe nur eines der vielen Probleme gelöst: die Suche nach dem geeigneten Partner. Wenn es etwas gibt, was alle Menschen auf diesem Planeten gemeinsam haben, ist das Einsamkeit und Leid, da nüizt auch die schönste Ehe nichts.

Natürlich, wenn du ein unbeschwertes Leben führst, ist es relativ unwahrscheinlich, daß du dich in dein Kummerchen zurückziehst, um etwas zu Papier zu bringen, was vom Rest der Welt dann vielleicht als .Kunst‘ bezeichnet wird.

Sicht daß tiefschürfende Gedanken immer die Welt bewegen“, lacht sie. „aber man ist wenigstens mit sich selbst beschäftigt. „

Als unbeschwerten Menschen kann man sich Joni allerdings auch nicht vorstellen. Das Image der zerbrechlichen „Lady of the canyon“ scheint unausrottbar. Trügt dieser Eindruck?

„Heute werden die Sechziger nur noch romantisiert – für mich war es eine verdammt schwere Zeit. Kennedy tot. der Krieg tobte auf den TV-Schirmen, eine furchterregende Welt – und ich als Twen mittendrin.

Aus einem lebenslustigen Mädchen wurde damals eine introvertierte Frau. Heule bin ich gefestigter. Ich bin immer noch nachdenklich, und meine Songs wachsen in der Landschaft meiner Gefühle. In dieser Landschaft verbringe ich nach wie vor viele Stunden – aber ich lebe nicht mehr dort.“

Früher weckte sie bei den Männern auch immer den Beschützer-Instinkt. („Die Leute trauten sich in meiner Gegenwart nie zu fluchen oder gar Drogen zu nehmen“), alle rieten dem /arten Mädchen davon ab, sich auf das harte Pop-Geschäft einzulassen. 20 Jahre später steht sie – unbeschadet der vielen Steinigungen von ihren Kritikern – frisch und forsch ihren Mann, während bei den meisten ihrer Zeitgenossen die Flower Power verwelkt ist.

“ Um dich über Wasser zu hallen. „

mußt du dich ändern können. Und das kostet jedesmal neues Lehrgeld. Jimi Hendrix zum Beispiel, wohl das größte Talent damals, sagte mir einmal, er habe überhaupt keine Lust mehr, den omnipotenten, ausgeflippten Jimi zu spielen. Er fand das sowieso widerwärtig, wollte dieses Image loswerden und nur noch seriöse Big-Band-Arrangements schreiben.

Doch die Fans wollten das nicht, und Jimi stellte sich viel zu halbherzig dagegen. In dieser Periode starb er. Jede Veränderung ist ein kleiner Tod, denn die Leute wollen, daß du der Alte bleibst, aber ich hatte immer Appetit nach Neuem.“

Im Moment ist sie besonders hungrig: Sie wird wahrscheinlich mit Peter Gabriel und Sting bei der Welttournee Tür amnesty international mitmachen und will mit Prince gemeinsam eine Platte aufnehmen.

„Neulich fragte ich Prince, wo er denn seine abgefahrenen Akkorde her habe. ‚Von dir natürlich‘, meinte er. Ich glaube, daß meine Harmonien und sein Rhythmus zusammenpassen könnten.“

Sollte es zu einer Zusammenarbeit kommen, so muß der Knirps aus Die „Lady Of The Canyon“: von Prince unbeeindruckt Minneapolis aber mit einer Partnerin rechnen, die ihm in punkto Halsstarrigkeit das Wasser reichen kann. Den Vorschlag, seiner neuen Band beizutreten, lehnte sie lachend ab. Und auch ein eigens für sie geschriebener Princc-Song fand nicht ihr Wohlgefallen:“.Die Nummer hatte den Titel ‚Emotional Pump‘ und Textzeilen wie , You are my emotional pump, vou make my bodyjump‘.“

Sie kichert. „Ich habe ihm gesagt, daß ich nichts singen kann, was ich nicht verstehe. Es ist sicher ein Hit, aber nicht für mich.“