Wolfgang Niedecken


Die andere Karriere von BAP-Sänger Wolfgang Niedecken

„Die Auseinandersetzung mit der Kunst“, so Wolfgang Niedecken, „hilft mir beim Musikmachen.“ Tatsächlich gab es eine Zeit, in der sich der Sänger und Texter von BAP hauptberuflich als Künstler betätigte und Rockmusik nur nebenbei betrieb. Mit 19 Jahren schrieb Niedecken sich an der Werkschule am Kölner Ubierring ein – Fotorealismus war damals, 1970, der bestimmende Stil. So zog es ihn zu einem Studienaufenthalt nach New York, wo Niedecken u.a. bei dem Hyperrealisten Howard Kanowitz studierte. Stark beeinflussen ließ Niedecken sich auch vom Altmeister des Fluxus, Robin Page. Der nämlich wollte der Kunst ihre Leichtigkeit zurückgeben und beschwor die fließenden Grenzen zwischen Malerei, Literatur, Theater und Musik. Niedecken und sein späterer BAP-Kollege Manfred „Schmal“ Boecker „korrigierten“ Piet Mondrian, indem sie ihn um Pin-Up-Cirls ergänzten. Doch Niedeckens Engagement ging weit über die ironische Brechung von Hergebrachtem hinaus. Er arbeitete an Collagen und mit Materialien wie Nägeln, Teer oder Seilen, schuf Installationen und richtete Happenings aus. Damit die Kunst nicht brotlos blieb, pinselte Niedecken nebenher die Wetterkarten für den WDR oder betätigte sich als Auftragsmaler für Nachbarn und Verwandte („Wunschbilder“, 1977). Zudem unterzog er sich einer intensiven Übung in Selbstbetrachtung und -disziplin, als er ein ganzes Jahr lang jeden Tag ein Ölbild malte („Tagesbilder“, 1979). Die Bildende Kunst mit sozialkritischem Anspruch gab Niedecken auch nicht auf, als er in den 80er Jahren mit BAP zu völlig unverhofftem Ruhm gelangt war. In dem Werk „Fla– schenpost“ etwa hat er die Protestbriefe von DDR-Bürgern verarbeitet – Reaktionen auf die gescheiterte BAP-Tournee 1984. In dem Zyklus „Kannitverstan“ reflektierte der China-Reisende die Gegensätzen zwischen Europa und Asien. Die Auseinandersetzung mit seiner katholischen Erziehung wurde, verschlüsselt, auf einem BAP-Cover ausgetragen („X für ‚e U“, links). „Mit der Kunst habe ich nie wirklich aufgehört“, betont Niedecken. Demnächst werden in einer Düsseldorfer Galerie wieder aktuelle Werke des BAP-Sängers zu sehen sein.