Yung Hurns Interview ist gar nicht so verstörend, wie er und der SRF es gerne hätten


PR-Stunt gelungen: Der Schweizer Sender SRF und der österreichische Rapper wiederholen ein Interview, das in ähnlich „verstörender“ Form 2017 schon viral ging. Die Fans klicken wieder drauf.

Neues aus dem Rap-Gossip: Cloudrap-Newcomer Yung Hurn hat auf dem Frauenfeld Open Air 2018 in der Schweiz ein Interview gegeben, das der durchführende Sender SRF auf YouTube und auf seiner Homepage als „verstörend“ anpreist. Auf den ersten Blick stimmt das auch: Anstatt auf die Fragen des Moderators Ivo Amarilli zu antworten, bittet der fast einschlafende Yung Hurn um eine Entschuldigung des Fragenstellers – der scheinbar gar nicht weiß, wofür.

Damit das geplante Interview trotz der mutmaßlich schlechten Laune von Yung Hurn stattfindet, entschuldigt Amarilli sich schließlich, setzt sich neben Yung Hurn vor die Kamera – und blitzt mit sämtlichen weiteren Fragen ab: „Welche Superkraft hättest Du gerne?“ Will Hurn nicht beantworten. „Was bedeutet Liebe für Dich?“ Auch keine Antwort. Es folgen weitere Fragen, die Hurn gar nicht, einsilbig oder mit Gegenfragen beantwortet, zähe 12 Minuten lang. Fans von Yung Hurns feiern dieses Auflaufenlassen des Reporters in den YouTube-Kommentaren wahlweise als geniale Medienkritik oder Retourkutsche für ein Interview aus dem Vorjahr, andere unterstellen Yung Hurn Einfluss von Drogen.

Yung Hurn und SRF gelingt ein Klick-Coup mit Ansage und Nachgeschmack

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Bei Minute 10:28 stellt Amarilli endlich die eine entscheidende Frage: „Kannst Du Dich an das Gespräch mit uns vom letzten Jahr erinnern?“ Yung Hurn verneint, er schaue keine Videos über sich, Amarilli erklärt: „Das war ein Video, das krass viral ging. Das haben Millionen Menschen gesehen. Deswegen wollten wir nochmals mit Dir sprechen.“ „Eine Entschuldigung mir geben?“, fragt Hurn nun zurück und verrät sich dadurch selbst: Natürlich hat er das Video gesehen, natürlich spielt er das Spielchen auch dieses Jahr wieder mit. Am Ende liegen sie sich streichelnd in den Armen und freuen sich mutmaßlich über den PR-Stunt, der ihnen rein zahlenmäßig gelungen ist: Das Video geht wieder viral, steht auf Platz 1 der aktuellen YouTube-Trends und wurde seit Samstag über eine halbe Million Mal angesehen. Nur glaubwürdiger werden dadurch beide Parteien nicht.

Der Wiener Yung Hurn hat im Mai dieses Jahres sein erstes Album 1220 veröffentlicht. ME-Autor Reiner Reitsamer schreibt darüber unter anderem: „Yung Hurn trifft einen Nerv, er atmet den Moment, als selbstermächtigter Dilettant ist er gleichsam Punk und Popstar für die Generation Z, die keine Kunst erwartet, sondern Content – und den bitte gratis. Dass mit 1220 jetzt erstmals ein käufliches Album erscheint, ist als Zeichen der einsetzenden Professionalisierung fast mit Skepsis zu betrachten, die sich aber als unbegründet erweist.“

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