ZENITH, MÜNCHEN


Als man die riesige Industriehalle im Vorort Freimann betritt, ist das später folgende Spektakel nur schwer vorstellbar: Gerade mal ein versprengter Haufen Zuhörer hat sich da in der vorderen Hälfte der Halle zusammengefunden und lauscht den erfrischenden afrikanischen Rhythmen der Owiny Sigoma Band. Ansonsten? Sehr viel Platz. Erstaunlich eigentlich, für ein exklusives Deutschlandkonzert eines Bandprojekts um Thom Yorke, Red-Hot-Chili-Peppers-Bassist Flea und Radiohead-Produzent Nigel Godrich.

Die, die dort sind, sollten im Folgenden allerdings mit jeder Faser ihres Körpers da sein. Also, Licht aus, Einmarsch der Atome – und was für Empfang! Halb volle Halle? Eher drei Hallen scheinen da auszurasten. Dann geht das Licht wieder an, Flea lässt einen wunderbar warmen Basslauf hören, Yorke setzt mit der Afro-Beat-infizierten Gitarrenmelodie von „Before Your Very Eyes …“ ein, Schlagzeuger Joey Waronker sowie Percussionist Mauro Refosco lassen es zu Godrichs elektronischen Grundierungen klackern, rasseln und klöppeln. Sofort entwickelt sich ein gewaltiger Groove, dessen Funken unmittelbar aufs Publikum überschlagen. Das inspiriert zu: Tanz, ungezügelter Juchzerei -und ungläubigem Staunen ob der Komplexität dieser rhythmisch so messerscharf akzentuierten Musik: „The Clock“ von Yorkes Solo-Album THE ERASER überwältigt mit einer Gitarrenwand, die durch Refosco am Berimbau (ein brasilianisches Streichinstrument mit integrierter Percussion) noch mächtiger wirkt; „Ingenue“ kommt als bezirzende Kammermusik daher, in der Yorke das Synthie-Gefiepe des Originals in eine hübsche Melodie am Klavier übersetzt; die melancholischen Meisterwerke „Cymbal Rush“ und „Amok“ werden mit deutlich beschleunigtem Tempo derart energetisch dargeboten, dass man gar nicht mehr weiß, was nun: Schreien? Tanzen? Weinen?

Auf der Bühne jedenfalls wird sich heftigst bewegt: Flea, in einer Art Overall-Herrenrock-Kombo elastisch kopfk reiselnd; Godrich als menschliches Metronom, und Yorke als vom Rhythmus durchzuckter Derwisch im Zentrum der allgemeinen Aufmerksamkeit.

Am Ende dann überwiegend Kennermaterial: „Feeling Pulled Apart By Horses“, im Original ein kühler elektronischer Non-Album-Track aus der Feder von Yorke, wird zu einem betörendkrautigen Gitarrenjam ausgewalzt, zur wunderbar entstaubten UNKLE-Nummer „Rabbit In Your Headlights“ sagt Flea brav die Sample-Verslein auf, bevor man den Abend dann nach gut zwei Stunden schließlich mit Stück Nummer 17, einer lässigluftigen Interpretation von „Black Swan“, beschließt. „Merci tout le monde“, ruft Thom Yorke irgendwann, und wähnt sich wohl noch im Zénith, Paris, wo Atoms For Peace einige Tage zuvor auftraten. Kann ja mal passieren, bei derlei hypnotischen Veranstaltungen. Alors, de rien!

SETLIST

Before Your Very Eyes … Default The Clock Ingenue Stuck Together Pieces Unless And It Rained All Night Harrowdown Hill Dropped Cymbal Rush

Skip Divided Feeling Pulled Apart By Horses Rabbit In Your Headlights Paperbag Writer Amok

Atoms For Peace Black Swan