Zwei Neue aus der Alptraumfabrik


Früher gehörten Drogen und Bandenkriege zu ihrem Alltag. Heute jedoch sind Geraldine Fibbers und die Blazers Lieblinge der Trendmetropole Los Angeles.

Geraldine Fibbers zählen zu den vielversprechendsten Newcomer-Acts in den USA. Anstatt die düsteren Gedanken der Sängerin Carla Bozulich -— 29 Jahre alt und Ex-Junkie -— in Punk, Grunge oder Industrial-Klänge artgerecht zu verpacken, setzt die Band auf musikalischen Kontrapunkt: Bluesiger, mit Country-Ansätzen gewürzter Rock inklusive Kontrabaß und Geige. Dabei ist Bozulich eine eigenwillige Mischung aus Concrete Blondes Johnette Napolitano und PJ Harvey. Ihre Stimme hält den Zuhörer bei der Stange, gibt Rätsel auf. Wie einst für Janis Joplin gibt es auch für Bozulich keine Dosiermöglichkeit. Volle Pulle — so oder gar nicht. Das ist die Devise für die Songs der Geraldine Fibbers-Debüt-CD ‚Somewhere Between The Earth And My Home‘. Im Mittelpunkt vieler Songs: Drogen. Dabei ist Bozulich seit gut sieben Jahren völlig clean. „Mit 22 war ich abhängig und total am Arsch. Da habe ich mich gefragt: ‚Willst du so weiterleben? Oder willst du sterben?‘ Ich hatte genug von mir und meinem Selbstmitleid. Also krempelte ich die Ärmel hoch.“ Mit 15 hatte Bozulich ihre erste Band: Neon Vein, eine psychedelische Punk-Formation, „mit einer Faszination für Stockhausen“. Dann kam Punk, „weil es bei Punk okay ist, sich wie ein Zombie zu fühlen.“ Aber erst als Carla B. mit Kevin Fitzgerald, William Tutton, Jessy Greene und Daniel Keenan Geraldine Fibbers gründete, ging’s rapide aufwärts.

East LA. — eine rauhe Gegend. Arbeitslosigkeit, Drogen und Prostitution sind an der Tagesordnung. Wer hier aufwächst und alt werden will, braucht eine gehörige Portion Glück — oder Rock’n’Roll. Manuel Gonzales, 41 Jahre und Chef der Formation Blazers, hat beides. „Seit 1971 mache ich Musik. Nur so konnte ich mich aus dem ganzen Bandenkrieg-Shit heraushalten.“ Mando Goss, Lee Stuart und Rüben Guaderrama, seine Nachbarn und Bandkollegen, sehen es ähnlich: „Musik war unsere Therapie gegen Gewalt und leere Kassen,“ bringt es Rüben Guaderrama auf den Punkt. Finanzielle Probleme sind inzwischen sekundär. Denn zwei Jahre nachdem die Blazers mit ihrem Stilmix aus Fifties-Rock’n’Roll, Country-Schmalz, Latino-Melodien und Santana-Gitarren begannen, East Ei Lay unsicher zu machen, fährt ihr Album ‚East Side Soul* das erste Geld ein. Populärster Fürsprecher der Band ist Bob Dylan, der Gonzales & Co. als Anheizer für eigene Konzerte verpflichtete. Ein weiterer Förderer: Los Lobos-Gitarrist Cesar Rosas, der das Blazers-Album produzierte. Gleichzeitig jedoch wurde Rosas zu einem Problem für die Blazers: keine Story über das Quartett, in der es nicht mit den ebenfalls in East L.A. beheimateten Los Lobos verglichen würde. „Das nervt etwas“, knurrt Gonzales und rückt sich seine Brille zurecht. „Andererseits sind die Lobos eine starke Band -wie wir.“