Florence And The Machine

Ceremonials

Island/Universal VÖ: 28.10.

Die Summe der einzelnen Teile ist nicht immer größer als das Ganze: Pathospop, der zu viel will.

Man könnte es das Zauberlehrlingsproblem nennen. Florence Welch wollte, so hat sie wissen lassen, keine Revolution ausrufen. Nach dem so überraschenden wie überragenden Erfolg von Lungs sollte ihr zweites Album im Großen und Ganzen dasselbe bieten, nur „dunkler, schwerer, mit dickeren Drums, größerem Bass“. Was man jetzt sagen kann: Ceremonials erfüllt diese Vorgaben. Nun stellt sich aber die Frage: Haben die Geister, die Welch rief, Florence And The Machine wirklich gut getan? Die Antwort ist: Nur bedingt. Der Charme des Debütalbums bestand schließlich nicht zuletzt darin, dass er eine Kleinkunstherangehensweise mit der ganz großen Geste zu verbinden verstand. Oder, anders gesagt, den Weird Folk für den Mainstream-Pop aufbereitete und das zum Gewinn beider Seiten. Nun aber sollte wohl für das zweite Florence-Album ein Klangbild her, das konkurrieren kann mit den Bühnenkostümen, die Welch neuerdings von Yves Saint Laurent und Gucci auf den Leib geschneidert bekommt.

Paul Epworth, der schon Lungs zur Hälfte produzierte, aber auch schon die Musik von Adele, Kate Nash und Maximo Park, hatte diesmal in die Abbey-Road-Studios in London geladen und komplett die Regie über die Aufnahmen übernommen. Epworth hat ganze Arbeit geleistet: Keine niedlichen Glöckchen mehr, sondern breite, fette Synthesizerschlieren. Kein einsames, melancholisches Cello, sondern gleich eine ganze Kompanie hysterischer Streichinstrumente. Keine vorsichtig knuspernden Beats, sondern forsch bollernde Tribal-Rhythmen. Kurz: kaum noch leise Töne, sondern das ganz große Kino.

Das funktioniert auch ganz prächtig. Denn die Songs sind gut und die Melodien eingängig, jeder zweite Track auf diesem Album ist absolut hittauglich. Die Folge ist allerdings die Aufgabe des Alleinstellungsmerkmals. Florence And The Machine klingen nicht mehr wie Florence And The Machine, sondern auf „Lover To Lover“ exakt wie Adele. Nicht nur „No Light, No Light“ weckt Erinnerungen an eine gewisse Kate Bush. Und für „Shake It Out“ kommt, man muss es so hart sagen, sogar Enya aus einer vom Tau noch feuchten Auenlandschaft geschwebt.

Man darf allerdings auch zugeben: Das klingt schon ziemlich geil. Allerdings: Irgendwann ist das Schlagzeug dann doch mit hinreichend Hall ausgestattet, sind die Streicherarrangements von adäquater Flauschigkeit und hat die Stimme sich in eine zweckmäßig lichte Höhe geschraubt. Die Summe der einzelnen Teile ist eben nicht immer größer als das Ganze. Aber der Zauberlehrling, so scheint es, hatte die Sache irgendwann nicht mehr ganz im Griff, er rührte weiter und weiter in seinem Topf mit den schicken Klangeffekten, aber konnte dann doch nicht verhindern, dass die ganze Suppe immer mal wieder überkocht. Key Tracks: „Shake It Out“, „Lover To Lover“, „ Leave My Body“