Ibeyi

Ibeyi

XL/Beggars/Indigo

Kuba, Westafrika, Paris – die Spirituals der beiden Schwestern zitieren ihre Wurzeln und finden eine neue elektronische Heimat.

Ihr Vater steuerte als Taktgeber an den Congas seinen Teil zum Weltruhm des Buena Vista Social Club bei, er spielte mit den Afro Cuban Allstars und schenkte den Beats auf Jazz-Platten Melodien. Als Miguel „Angá“ Díaz 2006 an einem Herzinfarkt starb, waren Lisa-Kaindé und Naomi elf Jahre alt. Schon einen Tag nach dem Tod, so geht die Geschichte, begann Naomi das Lieblingsinstrument ihres Vaters zu spielen, das Cajón. Lisa-Kaindé schrieb Songs, erst einmal für sich. In dem gemeinsamen Projekt Ibeyi entdeckten sie ihre eigene Sprache zwischen Rhythmus und rituellem Gesang, in Spirituals, die in der Produktion von XL-Label-Chef Richard Russell jetzt eine neue Heimat gefunden haben.

Diese Musik darf sich gleich auf mehrere Wurzeln berufen, die kubanische Rhythmik, die Yoruba-Gesänge (die über die Sklaven auch Brasilien und Kuba erreichten) und den Jazz und die geschmeidigen Elektrosounds aus der Wahlheimat Paris. Die erste Minute des Albums gehört den sanft schwingenden A-cappella-Chants der Schwestern, was dann folgt, sind diverse Amalgamierungen aus den Klangelementen einer gut informierten Elektrogemeinde und den Erinnerungen an die Roots. Dass das weit von einer World-Music-Soße für die „Kulturradios“ entfernt ist, dafür ist sicher auch Russell verantwortlich. Die Songs sind immer karg instrumentiert, sie bleiben manchmal erstaunlich kühl, andernorts sind sie verblüffend nah an aktuellem R’n’B gebaut („Think Of You“, eine Erinnerung an den verstorbenen Vater) oder geistern durch die Liedwelten von Billie Holiday („Mama Says“). IBEYI ist ein Familienalbum. Wer dessen Seiten öffnet, wird Türen in Zwischenwelten finden, die CocoRosie besuchten, bevor sie sich für die Operettenliga entschieden.