Barbarossa

Imager

Memphis Industries/Indigo

Der Legende nach ist Barbarossa einmal bei seinem eigenen Konzert eingeschlafen. Das wird ihm heute kaum noch passieren, denn der einst vorherrschende Folk musste viel Platz für ungezwungenen Elektro-Pop machen.

James Mathé macht Nägel mit Köpfen: Nur zwei Jahre nach BLOODLINES zeigt der rotbärtige Londoner, dass er sich noch weiter auf das große Meer des souligen Elektro-Pops hinauswagt. Lo-Fi-Anspruch und Analog-Charme lässt er aber nicht allein am Ufer stehen, sondern nimmt sie auf modifizierte Weise mit in seine frisch ausgetüftelten Klangwelten.

Barbarossa hat jetzt Bock auf Tempo. Bock auf Tanzen. Insbesondere der Opener, „Settle“ und „Human Feel“ weisen auf seine neu entdeckte Freizügigkeit hin. Auf IMAGER geht es tatsächlich in ungeahnt luftige Höhen: Die federnd treibenden Beats zwinkern in Richtung eingängiger Clubmusik von Caribou und Hot Chip, die ausholend warmen Soundgebilde werfen dem Kollegen José González eine Kusshand zu. González fühlt sich derartig bezirzt, dass er in „Home“ sogar den Gastsänger gibt.

Gut möglich, dass James Mathé mit dieser filigran-versponnenen Platte mehr als nur das Indie-Kenner-Publikum erreichen wird. Seine Stücke, meist länger als ein durchschnittlicher Dreieinhalbminüter, haben Sogwirkung. Hinzu gesellt sich diese watteweiche Wunderstimme, die mithilfe des Co-Produzenten Ash Workman (Metronomy, Summer Camp) gekonnt in den Fokus gerückt wird. Perfekt unperfekt geschliffene Song-Juwelen, die nun nicht länger in die verhaltene Schönheit der Wintermonate gehören. Imager ist zwar textlich noch immer sehr melancholisch und düster geraten, aber klanglich ein deutlicher Fingerzeig zur Sonne. Wir alle sollten ihm folgen.