Herbert

The Shakes

Caroline/Universal

Der britische Elektronik-Virtuose Matthew Herbert tanzt zwischen Soul, Jazz und House.

Wenn der britische House-Meister Matthew Herbert ein neues Album ankündigt, dann ist dessen zumeist politisches Thema mindestens genauso spannend wie die musikalische Umsetzung. Man denke nur an ONE PIG aus dem Jahr 2011, auf dem er das Leben eines Schweins von der Geburt bis zur Schlachtung dokumentiert oder PLAT DU JOUR von 2005, wo es um Nahrungsmittel geht. Oder aber das 2013er-Werk THE END OF SILENCE, das auf einem Bombardement-Sample aus dem Libyen-Krieg basiert.

Auf THE SHAKES greift der Londoner diesmal nicht tief in seine Sample-Trickkiste, wo nichts zurück darf, was einmal verwendet wurde. Auch benutzt er nicht die aberwitzige Anzahl von 635 Objekten, die auf SCALE zum Einsatz kamen. Das war 2006 und der bis dato letzte Auftritt unter dem schlichten Projektnamen Herbert, denn alle anderen Aktivitäten liefen seitdem unter Matthew Herbert, seiner Big Band und im Gegensatz zu den schlafenden Pseudonymen Doctor Rockit und dem Radio Boy auch mal wieder als Wishmountain. Auf THE SHAKES kommen immerhin ein paar Sachen wie leere Patronenhülsen und Granaten zum Einsatz, die Herbert bei einem gro­ßen Online-Auktionshaus ersteigerte. Geht es auf dem Album doch auch um den Widerspruch, dass der Mensch ein System mit selbstzerstörerischer Kraft geschaffen hat.

Ein komplexes Thema, das Herbert aber nicht mit komplexen Soundscapes, sondern sehr tanzbarer und rhythmischer Musik transportiert, und die Songs – deren Titel alle immer nur aus einem einzigen Wort bestehen („Battle“, „Middle“, „Strong“, „Smart“, „Stop“, „Ones“, „Bed“, „Know“, „Safety“, „Silence“, „Warm“, „Peak“, um genau zu sein) – häufig mit Gesangstexten anreichert. Unterstützt wird Matthew Herbert dabei von Musikern und Vokalisten, die schon mit Radiohead, Amy Winehouse, Blur und James Brown arbeiteten. Der heimliche Star aber ist die restaurierte Kirchenorgel der St. Jude’s Church in Hampstead, die so mancher Komposition Wärme verleiht. Vor allem aber überrascht einen Herbert mit viel Pop-Appeal wie in der von souligen Bläsern durchsetzten Up-Tempo-Nummer „Middle“, dem hüpfenden „Strong“ und dem fast schon vergnügten „Even“. So leichtfüßig geht es nicht immer zu, aber trotzdem zeigt sich Matthew Herbert auf THE SHAKES diesmal wieder von seiner zugänglichen Seite.