Das Sinfonieorchester der Robert Schumann Hochschule & Die Toten Hosen

Willkommen in Deutschland: „Entartete Musik“

JKP/Warner VÖ: 30. Oktober 2015

Das Crossover aus Hochkultur, Politik und Punk verbeugt sich vor einst verfemtem Liedgut. Ein Bärendienst.

„Rock gegen Rechts“ ist kein neues Konzept, mit den Mitteln der Populärkultur wurde im ganzen 20. Jahrhundert bereits Politik gemacht – für und gegen schlechterdings alles. Was eine Mehrheit der Deutschen zwischen 1933 und 1945 nicht verstehen wollte oder nur allzu gut verstand, weil es nämlich wie ein Spiegel funktionierte, das belegten sie gerne mit dem denunzierenden Etikett „entartet“.

Neben der Schau zu „Entarteter Kunst“ in München gab es seinerzeit in Düsseldorf auch eine Ausstellung zu „Entarteter Musik“. Auf den Plakaten war damals ein stilisierter „Neger“ zu sehen, mit Davidstern am Frack und Saxofon. Jazz, jüdische Musik, linke Musik, schwule Musik – verpönt war damals alles, was über Richard Wagner oder Volkslieder hinausging. Zur Erinnerung an den 75. Jahrestag dieser Ausstellung bestritten 2013 das Sinfonieorchester der Düsseldorfer Robert Schumann Hochschule zusammen mit den Toten Hosen einen Abend mit ausschließlich „undeutschen“ Kompositionen aus der „Dreigroschenoper“ von Brecht/Weill (u.a. den „Kanonensong“), der Kinder­oper „Brundibár“ von Krása/ Hoffmeister, von Arnold Schönberg bis zu antifaschistischen Gassenhauern aus den Zwanzigerjahren, als man für dergleichen noch nicht an die Wand gestellt wurde.

Das ist nun alles schön und gut und ehrenwert, als Platte aber nur schwer zu ertragen. Was weniger am tadellosen Orchester liegt, das vom simplen Liedchen bis zur Zwölftonmusik die jeweiligen Vorlagen professionell meistert. Problematisch ist die Präsenz der Toten Hosen, sofern man kein Freund ihrer eher dumpfwalzenhaften Ästhetik ist. Nichts gegen eine Rockband, die gegen ein klassisches Orchester anrumpelt – das ist bei anderen Projekten schon schlimmer schiefgegangen. Schwerer wiegt die rechtschaffene Ergriffenheit, mit der Campino sich durch Lieder oder Spoken-Word-Sequenzen („A Survivor From Warsaw op. 46 “) bellt. Kurt Weill oder die Comedian Harmonists waren wohl allerhand, ganz sicher aber keine Punks. Und dieses nuancenlose und dauerdruckvolle „Ätsch! Ich singe das jetzt, da schaut ihr Nazis, was?“, das aus jedem Ton von Campino spricht, ist der Sache nicht zuträglich. Da kann sie auch noch so gut sein.