Gallows

Desolation Sounds

PIAS/Venn/Rough Trade 10.04.2015

Weniger Groove, mehr Geknüppel, neuer Sänger: alles anders bei den britischen (Punk-)Rockern.

Eine/n neue/n Sänger/in in eine Band einzubetten, ist immer schwierig – Sänger sind Projektionsfiguren, deren Persönlichkeitszüge das Image (ganz abgesehen vom Sound) einer Gruppe in hohem Maß mitgestalten. Muss diese Stelle neu besetzt werden, reagieren Fans oft missmutig (siehe Blaze Bayleys Intermezzo als Iron-Maiden-Frontmann Mitte der 90er). Frank Carter, Gründungsmitglied und bis 2011 Sänger der britischen Hardcore-Band Gallows, war ein magerer Wirbelwind mit einem aufputschenden, gellenden Schrei-Stil, der die Wirkung der hysterischen Gitarrenriffs noch verstärkte. Sein Nachfolger Wade MacNeil (ehemals bei der Post-Hardcore-Band Alexisonfire) ist der größtmögliche Kontrast zu Carter – gebaut wie ein Türsteher und mit der Stimme eines kettenrauchenden, cholerischen Bären.

Auf „Death Is Birth“ (2011), der ersten 7-Inch-EP mit MacNeil, spielten Gallows noch rasanten, klassischen Hardcore, DESOLATION SOUNDS ist muskulöser und ambitionierter ausgefallen. Der Opener „Mys­tic Death“ ist pumpender Punk’n’Roll von einer Qualität, die sonst nur die Kalifornier von The Bronx erreichen, und „Bonfire Season“ der wohl melodischste und melancholischste Song, den Gallows je aufgenommen haben. Aber nicht alles funktioniert: Der Groove, den die Band auf ihrem bahnbrechenden Debüt ORCHESTRA OF WOLVES (2006) noch aus dem Ärmel schütteln konnte, ist geradlinigeren (manche würden sagen: langweiligeren) Knüppelrhythmen gewichen, und die Midtempo-Stücke („Chains“, „Death Valley Blue“) sind zu belanglos geraten. Eingefleischte Fans mögen sich abwenden – andere kommen in den Genuss einer durchaus unterhaltsamen Modern-(Punk-)Rock-Platte.