Jack & Amanda Palmer

You Got Me Singing

8 ft. Records/Cooking Vinyl/ Indigo

Familienangelegenheit: Amanda Palmer und ihr Daddy Jack covern Lie­der ihrer liebsten Singer/Songwriter.

Amanda Palmer hat eine wichtige Sache begriffen: Wer heute als Musiker in der Grauzone zwischen Underground und Mainstream überleben möchte, braucht nicht nur gute Songs und eine gute Stimme, sondern auch ein kommerzielles Konzept. Palmer schrieb zuletzt das Buch „The Art Of Asking“, ein sehr interessantes Werk mit der Grundthese, dass die Nachfrage nach Musik heute nicht mehr über das Angebot gesteuert werden kann. Wer ein Album veröffentlicht, kann Pech haben, dass es selbst die loyale Fangemeinde nicht mehr interessiert – und wenn, dann nur noch als Stream. Wer das Ziel hat, etwas zu verkaufen – Tickets, Tonträger, Sonstiges – der muss zu den Fans hinabsteigen und fragen. „Was darf es denn sein?“ Das sind in der Regel keine neuen Songs über das Tourleben, sondern intime Einblicke in das Leben einer Künstlerin. Familiengeschichten kommen gut an. Also bietet Amanda Palmer welche.

Nach einer Babypause kehrt die Frau von Comic-Zeichner Neil Gaiman mit einem gemeinsamen Album mit ihrem Vater Jack zurück. Zu Klavier und Gitarre singen die beiden Lieblingslieder ihrer musikalischen Sozialisation. Leonard Cohens „You Got Me Singing“ ist der perfekte Einstieg: Der junge Vater Jack sang an der Wiege der Tochter Amanda; Amanda fand ihre Stimme mit Hilfe von Daddys Plattensammlung. Das Motorraddrama „1952 Vincent Black Lightning“ vom britischen Folkie Richard Thompson ist besonders gelungen, Jack – Mitglied eines Chores in Washington – erreicht hier beinahe den stimmlichen Tiefgang von Johnny Cash. Bei Kimya Dawsons „All I Could Do“ greift Amanda zur Ukulele, mit der sie schon wunderbar Radiohead nachgespielt hat, den John-Grant-Song „Glacier“ singen die Palmers in leicht schiefer, aber absolut liebenswerter Zweisamkeit. „I love you so much“, singt Jack ganz am Ende, die Stimme brüchig, der Atem schwer. Etwas zu intim.