Kobito

Für einen Moment perfekt

Audiolith/Broken Silence

Parental Advisory: Vorsicht, HipHop mit Hirn. Der Berliner Kobito macht aus diesem Stigma dennoch das Beste.

Ein Rapper hat es nicht leicht, wenn sein Gebaren nicht auf verlässlich offensiven Attributen fußt wie Hahnenkampf, Penis-Trullala, BMW oder Misogynie – oder wenn der Typ nicht mal Steroide frisst. Okay, seit den Zehnerjahren lässt sich ein Mangel an Gangstertum im Sprechgesang noch durch überbefindliche Abiturienten-Lyrik kompensieren. Was aber einst bei Casper cool klang, ist mittlerweile zu einem eigenen Genre geeitert und ermöglicht Knalltüten wie Maxim oder Joris horrende Views auf YouTube – oder gar auf Bühnen. Umso wichtiger, dass Labels wie TickTickBoom und seit einigen Jahren auch Audiolith aus Hamburg den Horizont öffnen für Künstler, die sich abseits dieser Dichotomie des Schreckens positionieren. Kobito ist einer davon.

Seit über einem Jahrzehnt aktiv und neben Sookee der andere Part bei dem Projekt Deine Elstern – solo kam er allerdings erst vergangenes Jahr mit der düsteren Autonomen-Hymne „The Walking Deutsch“ zu einer Wahrnehmung, die über die Grenzen der eigenen Szene hinaus reichte. Genanntes Stück über die Pegida-Paraden findet sich auch auf diesem neuen Album, FÜR EINEN MOMENT PERFEKT. Kobitos unaufgeregte Art zu rappen mag dem einen oder der anderen vielleicht erst mal durchrutschen, doch es lohnt sich, diesen Faden wieder aufzunehmen.

Storytelling-Rap, der nicht technisch, sondern eben mit seinen Storys brilliert. Utopien („Stadt der Freiheit“), Szenekritik („Hausmeis­ter“), Selbstironie („Fluch der Akribik“) – bei Kobito wird man einfach durch die interessanteren Welten geschleust, ein starkes Album. Einzig daneben liegt das schlimme CD-Artwork, das mit der Dia-Streifen-Optik auf Instagram-Opfer macht und den armen Künstler als eine Art Michael Kessler inszeniert.