Peter Doherty

Grace/Wastelands

Wir sollten uns besser nicht zu sehr gewöhnen an den „neuen“ Peter, den gesunden, fröhlichen, reflektierten jungen Mann mit der Gitarre, der abends mal mit Freunden ein Glas Wein trinkt und… Nun ja, wie gesagt. Dass hinter der temporär aus- geglichenen Fassade Dämonen lauern, mit denen er auch in Zukunft leben muss, macht sein Soloalbum spürbar – selbst in Momenten, wo er scheinbar einfach nur lustig singt und Geschichten erzählt. „Wasteland“ heißt die Brache, das Land, das nicht gewinnbringend bewirtschaftet wird, auf dem also wild wuchert, kreucht und fleucht, was will; diese Allegorie trifft das songschreiberische Wirken Dohertys genau.„Waste“ heißt aber auch Verschwendung, und ein Großmeister im Verschwenden von Songs ist er bekanntermaßen. Was, sagen wir mal: Travis aus „Last Of The English Roses“ gemacht hätten, kann man sich vorstellen – und ist froh, dass Peter das nicht will, dass dies eine so intime Angelegenheit ist, in deren sparsame Instrumentierung man sich beim zweiten Hören verliebt, in die verloren durch die Luft schwebenden Slidegitarren, Streicher, Mundharmonikas und Klaviere, die Stimme und Akustikgitarren auf Federfingern tragen, die zarte Orgel in „Lady Don’t Fall Backwards“, die SANDINISTA-Clash-inspirierten Dub- Arrangements, die in romantischer Melancholie getränkten Hallräume. Der wirklich fast nur lustige Tin-Pan-Alley-Bar-Swing „Sweet By And By“ treibt die nostalgieselige Englishness auf die Spitze und hält die Balance zwischen gelassener Verzweiflung und grinsender Lebensfreude. Paradox, dass der prominenteste Drogenkriminelle der Insel den Engländern ihre schönsten zeitgenössischen Volkslieder schreibt. Schwächen hat GRACE/WASTELANDS nur, wenn der Gesang die selbstmitleidig- disharmonische Weinerlichkeit annimmt, die man von Dohertys heroingesättigten Demos kennt.

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Michael Sailer – 31.03.2009

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