Tift Merritt

Stitch Of The World

Yep Roc/H’ART

Geschichtsbewusste Americana: Mit ihrem sechsten Album wird Tift Merritt selbst zur Referenzgröße für zukünftige Generationen.

Zuletzt war Tift Merritt als festes Mitglied in der Band des Wunderbarden Andrew Bird unterwegs. Ein Job bei dem sie, so sagte sie selbst, aufpassen musste wie ein Schießhund, dass sich Bird trotz ihres Backgroundgesangs frei fühlte. Dann, und nur dann, würde man mit ihm gemeinsam fliegen können. Tift Merrit ist also bescheiden, und hat das eigentlich nicht nötig. Denn ein Blick auf ihre Arbeiten der letzten Jahre zeigt: Sie, die früher oft mit Emmylou Harris verglichen wurde, ist mittlerweile selbst eine Größe geworden, eine, die mit den unterschiedlichen Vertretern angloamerikanischen Songwritings zusammenarbeitet, von Teddy Thompson bis Hiss Golden Messenger, auf deren Platten sie jeweils zu hören war.

Man erkennt rasch, woher diese Wertschätzung kommt: Die zehn Songs dieser Platte, die im texanischen Städtchen Marfa, in Kalifornien und in North Carolina geschrieben und aufgenommen wurden, besitzen eine wunderbare Beiläufigkeit, die aber nie in Beliebigkeit abdriftet. Man muss tatsächlich an Emmylou Harris denken, die Stimmen ähneln einander sehr. Doch Merritts Songwriting ist interessant genug, um diesen Vergleich stets auf Augenhöhe stattfinden zu lassen, zumal das Album einen klugen dramaturgischen Kniff besitzt: Nach sieben Songs hören wir plötzlich Iron-&-Wine-Mann Sam Beam.

In „Something Came Over Me“ setzt er zur zweiten Strophe vorsichtig, fast schüchtern ein, es ist Background-Gesang im wortwörtlichen Sinne und ganz und gar herrlich, wie diese beiden Stimmen und eine Slide-Gitarre gemeinsam den Raum ausfüllen. Beam bleibt zwei weitere Songs, der letzte ist der schönste: „Dashboard sunshine, driving west, gonna find something I ain’t found yet“, singt Tift Merrit in „Wait For Me“. Man möchte so gerne mit in diesem Auto sitzen.