5 Fragen an DJ Hell


Der DJ und Produzent über sein Opus Magnum Teufelswerk und seinie Zusammenarbeit mit Bryan Ferry. Inklusive Plädoyers für Thomas Gottschalk, den jüngeren, und das Medium CD.

1.

Wie hast du Bryan Ferry dazu gebracht,’auf deinem Album zu singen?

Ich habe ihn in London in dem Studio getroffen, in dem Roxy Music ihre Platten aufgenommen haben. Seine Arbeit hat mich die ganzen Jahre beeinflusst. Dass ich irgendwann einmal mit ihm zusammenarbeiten würde, hätte ich nie zu träumen gewagt. Ich sollte einen Remix machen. „Mein“ Roxy-Music-Song war immer „Do The Strand“. Den habe ich als Kind im Radio gehört. Mehr als 30 Jahre später stehe ich mit Ferry in seinem Londoner Studio und unterhalte mich über Musik und über das Remixprojekt, in das ursprünglich mein Label Gigolo involviert war. Ich sollte ihm Sachen von mir vorspielen. Ich habe „Je Regrette Everything“ ausgewählt, weil es einen jazzigen Background hat. Da hat er wohlwollend genickt. Dann habe ich ihm meine Puffy-Remixe vorgespielt „Let’s Get III“ und „Jack U“. Da ist er total darauf angesprungen und meinte, dass er sowas auch gerne hätte. Er hat mir einen unveröffentlichten Song aus den 90-ern gegeben: „U Can Dance“. Später bin ich mit Peter Kruder ins Studio in Wien und habe den Song ausproduziert und völlig neu arrangiert. Vom Ergebnis ist Ferry total begeistert. Das ist eine der höchsten Auszeichnungen, die ich je bekommen habe.

2.

Dein neues Album heißt TEUFELSWERK, zwei Tracks „Electronic Germany“ und „Germania“. Versuchst du als international aktiver Produzent und DJ eine nationale Identität zu finden?

Ich bin elektronischer Musiker aus Deutschland, und ich sehe mich auch in einer Tradition. Ich bin beeinflusst von der 70er-Jahre-Musik, die ich als Kind gehört habe: Neu!, die ersten Can-Sachen – die mir damals nicht gefallen haben ich habe eher die frühen Kraftwerk gehört. Ein Einfluss war auch die Neue Deutsche Welle. Ich bin seit 30 Jahren DJ, habe überall in Deutschland gespielt. Seit ich eigene Sachen produziere, habe ich immer wieder deutsche Titel verwendet, Ich finde es wichtig, eine eigene Identität hereinzubringen.

3.

TEUFELSWERK ist dein Schlüsselwerk. Es erzählt die Geschichte deiner musikalischen Sozialisation, oder?

Das Album spiegelt alle meine Einflüsse, meine musikalischen Errungenschaften und das Wissen wider, das ich über die Jahre angesammelt habe. Ich habe versucht, das auszuarbeiten und vor allem nichts zu kopieren. In dem Album steckt alles, was ich bin. Ich wollte Musik zur Zeit machen, und nicht wieder zu weit vorgreifen. In fünf Jahren werde ich dann etwas komplett anderes machen.

4.

Hat Musik durch ihre ständige Verfügbarkeit ihren Wert eingebüßt?

Der Wert von Musik ist tatsächlich verloren gegangen. Sie wird nur noch konsumiert, man hat sie für einen gewissen Zeitraum auf seinem iPod, dann wirft man sie weg. Die Leute sind gar nicht mehr daran interessiert, Musik zu archivieren. Als Jugendlicher bin ich jedes Wochenende nach München gefahren und habe mir Platten gekauft. Ich habe damals auch viel Radio gehört. Thomas Gottschalks Sendung „Pop nach 8“ auf Bayern 3. Der war ein super DJ, das wissen die Leute nur nicht mehr. Im DJ-Business ist ja zurzeit die Hauptdiskussion: MP3, WAV, CD oder Vinyl?

5.

Wie denkst du als DJ, der mit Vinyl auflegt, über die CD?

Ich kämpfe für die CD. Alle sagen, ihre Zeit sei abgelaufen.

Die CD ist aber ein super Medium für einen Albumkünstler. Es hat Jahre gedauert, bis ich mich mit ihr angefreundet hatte. Das Problem ist, dass die Majorlabels die Preise künstlich oben halten. Ich weiß ja, was die Produktion einer CD kostet. Man könnte den Preis auf die Hälfte reduzieren, dann wäre sie vielleicht wieder interessant für die Leute. Aber warum sollten MP3, CD und Vinyl nicht zusammen funktionieren? Mehr als die Hälfte der DJs legt mit gebrannten CDs auf. Die kommen nur noch mit ihrem CD-Köfferchen an.

wuw.djhell.de

Musikritik S. 75