5 Fragen an James D. Bradfield


Der Sänger und Gitarrist der Manic Street Preachers über Reife, Unsicherheit, peinliche Vorlieben und sein Soloalbum.

1 Sowohl du als auch Nicky Wire legen diesen Som-J. mer Soloalben vor; du Ende Juli, Nick im September. Was bedeutet dieser Schritt für die Manie Street Preachers?

Gar nichts. Nick und ich fanden einfach, daß wir nach zo Jahren ununterbrochener Arbeit mit der Band mal eine Pause brauchten. Sie soll auch der Vorbereitung auf das nächste Manics-Album dienen. Wir wollen eine kraftvolle Rock’n’Roll-Platte aufnehmen, so lautet der Plan. Wären wir nach der letzten Tour sofort wieder ins Studio gegangen, hätte das überhaupt nichts gebracht. Da waren wir noch nicht hungrig genug. Zur Zerstreuung in der Zwischenzeit kann man sich halt verschiedene Dinge überlegen, zum Beispiel auf Weltreise gehen oder im Garten die Pflanzen umtopfen. Letzteres habe ich einen Monat lang gemacht.

Ich wurde davon fast wahnsinnig und war total ungenießbar .Ganz ohne Musik geht es bei mir nicht.

2 War die Pause auch nötig, weit die Verkäufe des £- letzten Manics-Albums lifeblood enttäuschend und die Kritiken nicht sonderlich gut waren?

Ach, wir waren mit dem Album sehr zufrieden. Einige Leute meinen aber offenbar, wir müßten noch immer das Weltbild aufrechterhalten, das wir mit 19 verkörpert haben. Wie soll das denn gehen? Ich bin 37! Was erwartet man da von mir? Früher hatten wir die verrücktesten Dinge im Kopf. Wir wollten nur ein Album machen, uns danach auflösen und uns auf der Bühne von „Top Of The Pops“ selbst verbrennen.

Keine Plattenfirma und kein Management dieser Welt wäre je auf die Idee gekommen, uns so was einzuflüstern. Hätten wir uns aber wirklich aufgelöst, wären der Welt einige der besten Momente dieser Band vorenthalten geblieben. Das Album the holy bible zum Beispiel und der Song „A Design For Life“. Ich persönlich bevorzuge unsere späteren Sachen. Wenn man jung ist, liefert man nicht seine beste Arbeit ab, davon bin ich fest überzeugt.

3 Was wolltest du auf der Soloplatte anders machen nJ als auf einer Manics-Produktion?

Nick, Richey und Sean waren immer unglaublich gut, wenn es darum ging, meine weniger vorzeigbaren musikalischen Einflüsse zu unterdrücken. Ich habe einige Vorlieben, die in der Rock weit als schwer verpönt gelten – Musik von ELO, Badfinger, Tamla-Motown-Sachen. Jetzt habe ich mal Gelegenheit, diese Einflüsse stärker zu betonen. Ich war zum Beispiel immer ein großer Bewunderer von John Cales erstem Soloalbum PARIS lQIQ. Und auf GOODBYE YELLOW BRICK ROAD von Elton John gefallen mir die Backing-Gesänge unglaublich gut. Früher habe ich mich dafür geschämt, so etwas zu mögen. Jetzt lege ich die Karten einfach mal auf den Tisch. Wenn ich selbst Musik mache, kann die Sache ruhig weniger verbissen klingen.

4 Die Texte auf deinem Album hast du bis auf wenige Ausnahmen alle selbst geschrieben. In einem Interview mit dem New Musical Express war zu lesen, diese Erfahrung habe dir ein Stück von deiner Unsicherheit genommen. Wie meinst du das ?

Ich weiß, das klingt ein bißchen seltsam, wenn man bedenkt, daß die Manie Street Preachers sieben Studioalben aufgenommen haben und ständig auf Tour waren. Da sollte man eigentlich ziemlich abgehärtet sein. Manche Sachen machen mich aber immer noch fertig, zum Beispiel die Tatsache, daß morgen eine Kritik über meine Platte in der Zeitung stehen könnte. Zumal die Schreiber nun ja auch noch Gelegenheit haben, meine Texte zu sezieren. Ich habe bisher ja lediglich einen Text zu einem Song beigesteuert, den zu „Ocean Spray“. Und das war mehr eine Art Zufall. Dieses Mal mußte ich mir von vornherein Gedanken machen, was ich sagen will. So etwas war für mich lange Zeit unvorstellbar. Nick und Richey haben immer über Dinge geschrieben, von denen sie was verstehen. Ich dagegen schrieb etwas auf, um zu verstehen, und nicht weil ich verstanden habe. Das ist so ein Beispiel für meine Unsicherheit.

5 Teile deines Albums sind in Berlin entstanden. Wie kam es dazu?

Ich war nur für drei Tage in Berlin. An diesen drei Tagen habe ich mit meinem alten Freund Alex Silva an ein paar Songs gebastelt. Mit ihm haben wir damals THE holy bible aufgenommen. Danach war er überwiegend mit Herbert Grönemeyer beschäftigt. Er ist es heute noch. Um nun mal wieder mit Alex zusammenzukommen, mußte ich nach Berlin in dieses alte DDR-Rundfunkgebäude mit den vielen Orchesterstudios (im Stadtteil Köpenick, d. Verf.). Ich würde dort gerne mal ein ganzes Album aufnehmen, weil es dort wirklich beeindruckend ist.

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