5 Fragen An Julian Plentiaka aka Paul Banks


Ein Mann tut, was ein Mann tun muss: Der Interpol-Sänger über sein Alter Ego Julian Plenti, sein Solo-Debüt, den Segen eines Computerprogramms und seine Motivation; die Angst zu scheitern.

1.

Kannst du etwas über den Ort erzählen, an dem wir uns hier befinden?

Wir sind in den Electric Lady Studios in Greenwich Village, Manhattan. Dieses Studio hat Jimi Hendrix kurz vor seinem Tod gebaut. Manche Leute sagen, dass es dieses Studio war, was ihn letztlich umgebracht hat, weil der Ausbau und das Equipment so viel Geld verschlungen haben. Deshalb musste er wieder auf Tour gehen und konnte sich nicht die nötige Ruhe gönnen. Ich habe mir hier einen kleinen Raum gemietet. Glaub mir, die Miete ist horrend. Mein Album habe ich aber im „Seaside Lounge Studio“ in Brooklyn aufgenommen. Über Monate hinweg bin ich da täglich hingefahren, den Weg würde ich aber heute nicht mehr finden. Mein Gedächtnis arbeitet wohl sehr selektiv. Wenn mir etwas nicht besonders wichtig erscheint, vergesse ich es einfach.

2.

In den Anhänger deiner Halskette sind die Initialen JP eingraviert. Wer ist Julian Plenti und warum erscheint dein Solo-Debüt nicht unter dem Namen Paul Banks?

Ich bin Julian Plenti. Künstlernamen haben mich schon immer fasziniert. Die Idee, mich als Künstler von den banalen Dingen meines normalen Lebens wie etwa der Steuer

3.

rückzahlung zu lösen, finde ich großartig. Ich habe schon diverse Pseudonyme benutzt. Meiner Meinung nach geht es bei Kunst und Musik nicht um Identität, also nicht um meine Person oder die Realität. Fiktive Charaktere sind ein Teil davon. Deshalb handeln meine Texte nicht von meinem Leben, auch wenn es autobiografische Parallelen gibt. Persönliche Lebenserfahrungen sind oft universelle Erlebnisse.

Manche der Songs auf Julian PLENTI IS SKYSCRAPER hast du schon Mitte der 90er ge- schrieben. Existierten die Stücke die ganzen Jahre über nur in deinem Kopf oder gab es Demoaufnahmen?

Es gab keine Autnahmen. Während meiner Zeit im College habe ich mal versucht, den Song „On The Esplanade“ einzuspielen, aber mir fehlte damals das nötige Know-how. Es gab noch kein Logic, und ohne dieses Programm gäbe es zum Beispiel keine Streicher in meiner Musik. 70 Prozent von dem Material auf der Platte sind erst in den letzten Monaten entstanden, aber einige der alten Songs sind mir über die Jahre im Gedächtnis geblieben. 1996 habe ich „Fly As You Might“ auf meiner Akustikgitarre geschrieben, aber nur mit der Hilfe von Logic war es möglich, das Stück so fertigzustellen, wie ich es all die Jahre in meinem Kopf gehört hatte. Die Melodie zu „Madrid Song“ ist mir im Traum eingefallen. Ich wachte auf mit dieser Musik im Kopf. Als mir klar wurde, dass das etwas Neues ist und kein Song, den ich im Radio gehört hatte, bin ich direkt an den Computer gesprungen und habe die Pianomelodie aufgenommen. Ohne Logic wäre das undenkbar gewesen, denn richtig beherrsche ich nur ein Instrument, und das ist die Gitarre. Die Musik auf der Platte spiegelt wider, was ich schon immer in meinem Kopf höre. Ein Grund, sie zu machen, war der Gedanke, der mir irgendwann kam: dass es doch vollkommen seltsam wäre, wenn ich einst auf meinem Totenbett liege und einen Song singe, den ich vor 70 Jahren geschrieben habe, den aber kein Mensch sonst emals gehört hat, obwohl er ein Teil des Soundtracks meines Lebens ist.

4.

Wenn dir diese Songs so viel bedeuten, warum gibst du dann so gut wie keine Interviews zu der Tulian-Plenti-Platte?

Manchmal denke ich, dass sich Künstler öfter fragen sollten: „Warum sollte ich die Welt jetzt ausgerechnet hiermit belästigen?“ Die Frage habe ich mir auch gestellt. Ich bin an einem Punkt in meiner Karriere, an dem ein Teil von mir sagt, dass es besser wäre, wenn nicht jeder meine Musik hört, da manche Leute völlig falsche Annahmen aufstellen. Außerdem habe ich den Eindruck,

5.

dass mir in Interviews nicht richtig zugehört wird. Wenn jemand heute immer noch davon überrascht ist, dass ich vor allem HipHop höre, verstehe ich das nicht, weil ich das schon zigmal in Interviews erzählt habe. Andererseits bin ich schon recht pragmatisch, was das Teilen meiner Arbeit mit der Welt angeht. Mein Ziel im Leben ist es, keinem Job nachgehen zu müssen, den ich hasse. Ich möchte Musik machen und weiß, dass das nur funktioniert, indem ich Musik verkaufe.

Spielt die Angst, als Solo- Künstler zu scheitern, für dich eine Rolle?

Ja, sicherlich geht jedem Musiker irgendwann der Gedanke durch den Kopf, was die Leute wohl von seiner Arbeit halten. Aber ganz ehrlich, der größte Kick im Leben, den die meisten Menschen übersehen, ist die Möglichkeit eines Misserfolgs. Sie treibt dich schneller voran. Zu viele lassen sich von der Furcht zu scheitern bremsen. Dabei sollte es genau anders sein. Versagen beweist, dass du keine Pussy bist. Du hast es versucht. Misserfolge sollten nicht einschüchtern. Weil du das Risiko eingehst, lebst du. Wenn du wirklich versagst, stehst du vor der Herausforderung, wieder auf die Beine zu kommen. Die Arbeit an der Soloplatte, das Songwriting und die Aufnahmen waren nicht immer leicht. Aber letztlich wusste ich einfach, dass ich es tun muss.