Andrew Ridgeley: Wham bam thank you man


Mit Wham! wurde Andrew Ridgeley nahezu ohne sein Zutun zum Millionär. Danach schmiß er als Dandy und Playboy sein Geld zum Fenster raus. ME/Sounds-Redakteur Andreas Kraatz lernte einen Jungmusiker kennen, der stolz sein Soloalbum vorstellt.

Dick Leahy geriet ins Schwärmen, als er vor einigen Monaten vom neuen Projekt seines Schützlings erzählte; „Dieses Album haut mich von den Socken – es ist von vorne bis hinten ein absoluter Killer.“ Leahy. Inhaber des Londoner Labels Ghetto Records darf ein bißchen übertreiben. Schließlich verwaltet er als Musikverleger die nach wie vor unerschöpflich sprudelnde Tantiemenquelle von George Michael und seinem ehemaligen Partner und hat schon deshalb eine besonders innige Beziehung zu Andrew Ridgeley.

„Andy zeigt endlich mal, was alles in ihm steckt“, schwärmt Leahy. Über so viel Vorschußlorbeeren staunt der Laie. Denn „Randy Andy“, wie ihn britische Boulevard-Gazetten aufgrund seiner lockeren Lebensweise gern titulierten, fiel in den vergangenen Jahren vor allem dadurch auf, daß er erst mit süßem Nichtstun zum Millionär wurde und danach das Geld mit vollen Händen ausgab. Von Anfang an galt er bei Wham! neben seinem Duo-Partner George Michael als Statist. Talent? Da registrierten die meisten Beobachter nur das absolut notwendige Minimum.

Auf ein solch dubioses Image angesprochen, fühlt sich Ridgeley, der zum Gespräch in High-Heel-Boots und schwarzer Lederjacke kam, mißverstanden: „Die Leute sind doch nur neidisch, daß ich es mit 27 schon so weit gebracht habe, ohne dafür ackern zu müssen.“ Und er legt Wert darauf, daß er bei Wham! durchaus selber die Gitarre spielte – „nur für die schwierigen Soli hatten wir noch einen zusätzlichen Gitarristen, der mir den Job abnahm, wenn’s drauf ankam. Denn um ehrlich zu sein: Ich bin nur ein mittelmäßiger Gitarrist. „

Als Songschreiber gehört er auch nicht gerade zur Weltklasse: „Wir einigten uns bei Wham! schon ziemlich früh darauf, daß George für die kreative Seite zuständig war. Denn als Songschreiber ist er einfach sehr viel besser als ich. “ Immerhin – und dafür legt der Enkel einer italienischen Großmutter und eines ägyptischen Großvaters seine Hand ins Feuer – schrieb Andrew im Teamwork mit Michael drei Wham!-Klassiker: „Club Tropicana“. „Careless Whisper“ und den „Wham! Rap“. Alleine die Tantiemen für „Careless Whisper“ – schätzungsweise 30000 Mark im Jahr – reichen für eine bescheidene Basisrente.

Doch das ist nur die Spitze vom Eisberg. Denn Ridgeley und Michael machten von Anfang an bei den Einspielergebnissen von Wham! halbehalbe – das ergibt bei gut und gerne 38 Millionen verkauften Platten noch mal ein hübsches Sümmchen für die Alterssicherung.

Worin lag eigentlich Andys Beitrag zum Wham!-Erfolg? Mit seiner leisen, sanften Stimme, die seit einer Nasenoperation stets kaum merklich näselt – ein „careless whisper“ in der Tat – erklärt der smarte Jungmillionär, sich ab und zu dezent räuspernd, daß er auf der kreativen Seite allenfalls mit zehn Prozent an Wham! beteiligt war.

„Aber was das Image betrifft, betrug mein Input eindeutig 50 Prozent. „Immerhin hatte Ridgeley das ganze Projekt ausgeheckt: Seit ihrem elften Lebensjahr waren die beiden befreundet, und als .Andy 1979 von der Schule flog, überredete er George, eine Band zu gründen. Erst nannten sie sich The Executives, später dann Wham!.

Auf jeden Fall hätte es Andy wahrlich nicht mehr nötig, für den Rest seines Lebens auch nur noch einen Finger krumm zu machen. „Stimmt“, lächelt er in semer allzeit eleganten Art durch seine Rayban-Hornbrille. „Und nach Wham! konnte mich auch nichts mehr besonders reizen. Aber als ich vor einiger Zeit das Video von David Lee Roths Song, Yankee Rose‘ sah, war die alte Magie wieder da – die Energie und die Spannung, der Glamour und Witz, kurz: alles, was mir in der Popmusik immer Spaß gemacht hat. Da mußte ich es noch mal versuchen. „

Das Resultat seiner Mühen: das Album SON OF ALBERT. Es klingt nicht etwa wie eine neue Variante des Wham!-Konzepts, sondern verdankt seinen rauhen Charme eher den Glamrockern der frühen 70er Jahre. Diese Platte erinnert manchmal an The Sweet und an T. Rex. an Gary Glitter oder an Slade, und sie geht zurück bis zu den Beatles und Rolling Stones – denn das waren, so Andrew, die ersten Sachen, die er „zu Hause bei Mum und Dad“ hörte. Und wenn sein Album ein Flop würde? „Dann wäre ich ziemlich enttäuscht“, gesteht Andy, der Dandy. „Denn ich habe eine Menge Herzblut darin investiert. Aber ich betrachte mich im Grunde nicht als ernsthaften Künstler. Mir ist es auch egal, ob ich gewinne oder verliere. Denn ich bin nicht der Typ, der Konkurrenzkämpfe auslieht. Nur wenn’s um Frauen geht, werde ich eifersüchtig.“

Nicht siegen, dabei sein ist wichtig. Nach diesem Motto betätigte sich Ridgeley nach dem Wham.‘-Ende 1986 auch als Rennfahrer. In Monaco fuhr er aus Spaß an der Freud im Formel-Drei-Rennen mit – gewonnen hat er dabei nicht. Abgesehen von einigen Schrammen hinterließ das rasante Hobby ein Loch von 150000 Pfund ‚(rund 450000 Mark) auf seinem Konto.

Neuerdings ist er stolzer Inhaber eines Restaurants in seiner Heimatstadt Hertfordshire. „Weshalb sollte ich mir Sorgen machen?“ fragt er zu recht mit seinem makellosen Mittelklassen-Englisch und setzt sich den schwarzen Cowboyhut wieder auf. „Ich kann mir jederzeit an meiner eigenen Bar einen Drink genehmigen. Das ist der Himmel auf Erden.“