Auf dem neuen Placebo-Album rechnet Brian Molko mit seinem wilden Leben ab


Der Erfolg von Placebo beruht nicht zuletzt auf dem androgynen Image und der sexuellen Flexibilität von Sänger Brian Molko. Doch die Zeiten, in denen sich der 25jährige mit der mädchenhaften Erscheinung ganz unverhohlen über intime Details und bewußtseinserweiternde Substanzen ausließ, sind vorbei. Trotzdem ist Brian kein Kostverächter. Den zahllosen Gerüchten ob seiner ausschweifenden Affären verleiht er auf der aktuellen Single „Pure Morning“ sogar zusätzlichen Nährboden. Bei dem Lied, so sagt er, handele es sich um einen Post-Koitus-Song: „Es geht um den Morgen nach einer wilden Nacht. Du bist müde, kannst aber nicht schlafen, weil dir zuviel im Kopf rumschwirrt. Also setzt du einen Tee aufwickelst dich in eine Decke und rauchst einen Joint. Das ist der mit Abstand beste Weg, um ganz relaxt zu entschlummern.

In den vergangenen zwei Jahren, so Brian, sei er tatsächlich das Rock ’n‘ Roll-Animal gewesen, von dem er sonst nur in Zeitungsartikeln lesen konnte. „Ich habe tagelang gefeiert, bin ziemlich abgestumpft.Trotzdem war es eine tolle Zeit“, grinst er süffisant, „doch damit ist jetzt Schluß.“ Die Verarbeitung dieser rastlosen Monate, die ihm viele Kopfschmerzen und vertrackte Beziehungskisten bescherten, erfolgt auf dem zweiten Placebo-Album („Without You I’m Nothing“), das nicht nur düsterer und bedrohlicher, sondern auch erwachsener klingt. Die aktuelle Single „Pure Morning“ erweist sich als getragener Popsong mit starken Breakbeat-Anleihen, der – das zeigt die Top 5-Plazierung in den UK-Charts – exakt den Nerv der Zeit trifft. Zudem glänzen Steve Hewitt (dr), Stefan Otsdal (bg) und Brian Molko auch in Michael Stipes Glam-Drama „Velvet Goldmine“. Darin mimen sie die Flaming Creatures, eine Seventies-Band, die u. a. „2Oth Century Boy“ von T. Rex covert. Weil er durch diese Nebenrolle auf den Geschmack gekommen ist, möchte Molko sich demnächst wieder verstärkt als Schauspieler betätigen. Schließlich besitzt der gebürtige Amerikaner, der Anfang der 90er nach London kam, um am Goldsmith College Theaterwissenschaften zu studieren, ein entsprechendes Diplom. Und zu „Velvet Goldmine“: „Dieser Streifen könnte der Beginn oder das Ende meiner Filmkarriere sein -warten wir’s ab. Ich würde mich aber freuen, wenn ich wieder öfter vor der Kamera stehen dürfte. Denn besser als Courtney Love bin ich allemal. Und dafür muß ich mich nicht mal liften lassen.“ An der Glam-Epoche der frühen 70er reizt Brian Molko hingegen wenig.“Es gab zwar ein paar gute Gruppen, aber Sweet oder die Bay City Rollers waren doch eher peinlich – ein Haufen blöder Säufer, die sich nur für Bier und Fußball interessierten.“