Bass is the place!


Rowlands und Simons, die beiden so ge- nannten Brüder im Geiste der Chemie, locken mit einem ausgeklügelten Sound and Vision-Konzept.

Irgendjemand hat mal behauptet, Techno würde nie und nimmer live auf einer Bühne funktionieren. Eine Prophezeiung, die längst widerlegt ist: Leftfield waren lauterund Prodigy wilder als jede Rock’n’Roll-Band der neunziger Jahre. Und erst die Chemical Brothers! Sicher gibt es auf dieser Erde größere Menschspektakel, als Tom Rowlands und Ed Simons dabei zuzusehen, wie sie an nicht einsehbaren Pulten herumdrehen und Bässe, Trommelwirbel oder fidele Quietschtöne von der Stromleine lassen. Dieses Duo hat eben andere Schwerpunkte. Bei ihm sind Sound und Vision die Lockmittel.“.Bestimmte Grundklänge und -muster unserer Musik haben wir auf Festplatte gespeichert. Ob wir sie dann einsetzen, wie und wie lange, das ist komplett uns überlassen. Wir müssen flexibel reagieren können, nicht nur Songs von Platte wiederholen“, erklärt Simons das Chemicals-Bühnen-Procedere.

Ihre Konzerte entsprechen grundsätzlich dem Techno-Prinzip, wonach sich die Musik-Machenden in punkto Selbstdarstellung weitgehend zurückhalten und das partybereite Publikum zum eigentlichen Star der Show werden lassen. Bei den Chemicals wird diese graue Theorie zur fulminant umgesetzten Praxis. Sie bauen von jeder Seite große Lautsprechertürme auf und schaffen so einen quadrophonen Klängraum, in dem man sich vor lauter Bassgrummeln fühlt, als hebe man gerade mit dem Flugzeug ab. Optische Einspielungen auf riesigen Leinwänden verstärken den – so hofft Rowlands – sogartigen Effekt: „Man hört so oft von Clubs, in denen eine fette Soundanlage steht, über die ein DJ wahre Eruptionen von Klang erzeugt und das Publikum damit für Stunden fesselt. Bei unseren Live-Gigs haben wir auch diesen Ansatz. Die Leute sollen zu unseren Konzerten kommen und sich total gehen lassen können.“ Bei der Anfang April anstehenden Kurz-Tour (nur acht Konzerte, davon drei In Deutschland) haben die brüderlichen Zwei, die mitnichten wirkliche Brüder sind und im übrigen seit seligen Mazzy Star-Zeiten für deren Sängerin Hope Sandoval schwärmen, den Vorteil, aus Musik von vier Platten mit stilistisch doch sehr unterschiedlichem Material schöpfen zu können. Aber ein Motto dürfte für die gesamte Show Gültigkeit besitzen: Bass is the place!