Bis zum süßen Ende


Placebo, Köln, E-Werk

See you at the not so bitter end: Brian Molko & Konsorten kamen beim Vor- ab-Konzert erst gegen Schluss richtig in die Puschen.

Dass Brian Molko die Haare ab hat, ist ja ein alter Hut, dass sie aber mittlerweile hinten ein wenig licht werden, ist doch noch eine Nachricht wert. Macht ja nix, vielleicht sollte sich der kleine Frontmann von Placebo, der ja nun die 30 erreicht hat, einfach nicht mehr umdrehen auf der Bühne. Anonsten läuft der aparte Androgyne so chic wie immer auf: schwarzes Seidenhemd, eine Jeans mit gekonnt appliziertem Flickwerk, das Make-up nicht sehr dezent, aber auch nicht übertrieben. Daneben, T-Shirt-gammelig wie immer: Bassist Stefan Olsdal. Und bei Schlagzeuger Steve Hewitt kann man nicht sehen, was er anhat, weil er von seinen Drums verdeckt ist. Genug davon, wenn modische Details für den gemeinen Placebo-Fan auch nie gänzlich Nebensache sind. Das hier ist keine Modenschau, sondern ein Konzert, das allererste zum neuen Album Sleeping With Ghosts, zu diesem Zeitpunkt noch zwei Wochen vor seiner Veröffentlichung und daher nur Insidern und Downloadern geläufig. Was der Band naturgemäß einen schweren Stand beschert: Die meisten der 2.500 Leute im nicht nur ausverkauften, sondern rappelüberfüllten E-Werk warten erstmal ab und hören sich an, was denn die neuen Lieder so taugen. Der erste Song „Bulletproof Cupid“, gefolgt von der Single „Bitter End“ und dem durchaus hinreißend aufgeführten „Protect Me From What I Want“ inklusive Mundharmonika-Finale von Molko: gut gemacht, auf jeden Fall. Aber das Volk schluckt es nicht so recht, möglicherweise hätte eine Dramaturgie mit mehr altbekannten Nummern zu Anfang vermeiden können, was nun kommt: Etwas peinliche Karl-Moikeske Versuche von Olsdal, das Publikum auf Teufel komm raus zum Mitklatschen zu animieren, und ein spürbar angenervter Molko. „The love you give us ain’t enough“,grummelt er.

Ein wenig sind sie selber daran schuld, dass eine gute Portion zu wenig Enthusiasmus in der Luft liegt. Denn man wird den Eindruck nicht los, dass Placebo in Sachen Leidenschaft und Einsatzbereitschaft heute Abend halbe Kraft fahren. Wie man die Leute in den Bann zieht, hatten zuvor Slut gezeigt, die als Support Act verblüffend energetisch die Psychedelic-Rocksäue rausließen.

Aber noch ist die Sache nicht vergeigt, und Placebo machen es wie der 1. FC Kaiserslautern: So kurz vor Ende des regulären Spielabschnitts – zwischenzeitlich haben die Fans mit Nummern wie „Special K“ oder „Every Me, Every You“ auch mal ein paar 5ongs serviert bekommen, die sie kennen – fahren sie plötzlich ihre Punkte ein. Die ganze Chose – übrigens unterstützt von zwei Gastmusikern – gewinnt an Fahrt. Als die Band wenig später von der Bühne geht, wird den Leuten nach kurzem Innehalten klar, dass da jetzt echt was fehlt, und plötzlich tost der Applaus lauter als während der ganzen vorangegangenen Show. Also kommen Placebo wieder und rocken den Laden noch einmal kurz so richtig durch: „Pure Morning“, „Taste In Men“ – plötzlich läuft die Show richtig rund, und Brian Molkos irritierte Frage von vorhin – „Liegt es an euch oder liegt es an uns?“ stellt sich abermals, jetzt unter anderen Vorzeichen. Dann setzt er sich hin und singt „Centerfltds“, so schön und ergreifend, daSS manch jungem Menschen feucht um die Augen und warm im Herzen wird. Zum Schluss tun sie noch vollrockend „Where Is My Mind“ von den Pixies raus – und fast alles ist wieder gut. Wenn bis zu den Maiterminen alle brav die neuen Lieder gelernt haben, können das richtig schöne Konzerte werden.

www.placeboworld.co.uk

Und :’Wie war’s

Bin eigentlich wegen Slut hingegangen, die sind toll. Aber Placebo waren auch okay. Gute Stimmung, neue Songs fügten sich schön ein. Super war die Pixies-Nummer am Schluss.

Frauke, 31, Studentin, Bochum

Die neuen Songs waren nicht so toll, die älteren waren bosser. Bin eigentlich wegen Slut gekommen, die waren super, klasse psychedelischer Tauch und geil gerockt. Placebo waren okay. aber Slut waren besser.

Philipp, 23, Musikmanager, Köln

Die Stimmung war ein bisschen lahm, die haben die Stücke nicht so rübergebracht, wie ich das gehofft hatte. Insgesamt zu mainstreamig. Die Kommunikation Band-Publikum ließ zu wünschen übrig, wirkte lustlos und aufgesetzt. Gegen Ende wurde es aber besser, da konnte ich endlich mitsingen.

Annette, 29, Cutterin, Köln